Warum erschüttert der Starbucks-Kaffee-Skandal Brasilien – und was steckt hinter den Zwangsarbeits-Vorwürfen

30. Oktober 2025. Der Starbucks-Kaffee-Skandal sorgt weltweit für Schlagzeilen. Acht brasilianische Plantagenarbeiter haben in den USA Klage gegen den Konzern eingereicht – wegen mutmaßlicher Zwangsarbeit und Menschenhandel auf Kaffeeplantagen in Brasilien. Im Mittelpunkt steht die Genossenschaft Cooxupé im Bundesstaat Minas Gerais, ein zentraler Zulieferer von Starbucks. Die Klage, eingereicht vor dem U.S. District Court in Washington D.C., wird von der Menschenrechtsorganisation International Rights Advocates (IRA) unterstützt.
Nach Angaben der Kläger wurden Arbeiter unter prekären Bedingungen beschäftigt, mit langen Arbeitstagen, Lohnabzügen und fehlenden Verträgen – Zustände, die Beobachter als „moderne Sklaverei“ bezeichnen. Der Fall könnte schwerwiegende Folgen für das weltweite Fair-Trade-System und die Glaubwürdigkeit nachhaltiger Kaffeezertifikate haben. Darüber berichtet die Redaktion Renewz.de, unter Berufung auf den Spiegel.
29. Oktober 2025. Der Starbucks-Skandal erschüttert die internationale Kaffeeindustrie. Acht brasilianische Plantagenarbeiter haben in den USA Klage gegen den Konzern eingereicht. Sie werfen Starbucks vor, indirekt von Zwangsarbeit, Schuldknechtschaft und Menschenhandel in seiner Lieferkette profitiert zu haben.
Im Zentrum der Anklage steht die Kaffee-Genossenschaft Cooxupé, einer der größten Exporteure Brasiliens und langjähriger Zulieferer von Starbucks. Nach Angaben der Kläger sollen Arbeiter auf Plantagen unter prekären Bedingungen beschäftigt worden sein – ohne Verträge, mit Lohnabzügen und ohne ausreichende Pausen oder Schutzmaßnahmen.

Die Klage wurde mit Unterstützung der Organisation International Rights Advocates (IRA) eingereicht. Das Verfahren könnte weitreichende Folgen für die gesamte Branche haben – von der Glaubwürdigkeit internationaler Fair-Trade-Siegel bis hin zu juristischen Konsequenzen für globale Marken.
Die Anklage: Menschenhandel auf brasilianischen Plantagen
Unterstützt von der Organisation International Rights Advocates (IRA) reichten die Arbeiter die Klage vor einem Bundesgericht in Washington D.C. ein. Im Mittelpunkt steht die brasilianische Kaffee-Genossenschaft Cooxupé, ein wichtiger Zulieferer von Starbucks. Laut Klageschrift wurden die Arbeiter durch lokale Vermittler – sogenannte „Gatos“ – angeworben, in entlegene Regionen gebracht und dort unter entwürdigenden Bedingungen beschäftigt.
Sie berichten von Arbeitszeiten bis zu 14 Stunden täglich, miserablen Unterkünften, Lohnabzügen für Werkzeuge und Transport, kaum Zugang zu medizinischer Versorgung und Drohungen bei Beschwerden. Die Kläger sehen darin ein „System moderner Sklaverei“, das durch internationale Nachfrage und Preisdruck ermöglicht werde.
Parallel hat die NGO Coffee Watch eine Petition bei der US-Zollbehörde eingereicht. Ziel ist, Importe brasilianischen Kaffees aus verdächtigen Quellen auf Grundlage von §307 des Tariff Act zu stoppen – einem Gesetz, das Waren aus Zwangsarbeit vom US-Markt ausschließt.
Stimmen der NGOs: „Ein moralischer Skandal der Globalisierung“
IRA-Gründer Terry Collingsworth erklärte: „Starbucks und andere große Marken profitieren von einem System, das Menschenhandel und Ausbeutung aufrechterhält.“ Coffee Watch ergänzte, der Fall sei nur die Spitze des Eisbergs. Auch Unternehmen wie Nestlé, JDE Peet’s, Dunkin’ oder Illy sollen Rohkaffee aus denselben Strukturen beziehen.
„Diese Klage ist ein Weckruf“, so Collingsworth. „Solange Arbeiter in Armut gehalten und abhängig von Vermittlern gemacht werden, kann von fairer Produktion keine Rede sein.“
Die Rolle von Cooxupé und die Grenzen der Zertifizierung
Cooxupé gilt als größter Kaffee-Exporteur Brasiliens und ist ein wichtiger Teil des Starbucks-Programms C.A.F.E. Practices – ein Nachhaltigkeitsstandard, den das Unternehmen gemeinsam mit Conservation International entwickelt hat. Doch laut Recherchen des Spiegel und brasilianischer Medien bleiben manche Farmen trotz dokumentierter Verstöße weiterhin zertifiziert.
Kritiker werfen Starbucks vor, die Kontrolle an Dritte ausgelagert zu haben. Die Audits konzentrierten sich häufig auf Dokumentation und weniger auf die Realität vor Ort. Die Komplexität der Lieferkette, saisonale Arbeit und lokale Vermittler erschweren echte Kontrolle – ein strukturelles Problem, das längst nicht nur Starbucks betrifft.
Starbucks verteidigt sich – und kündigt interne Prüfung an
In einer Stellungnahme erklärte Starbucks, man weise die Vorwürfe entschieden zurück. Der Konzern beziehe Kaffee ausschließlich von zertifizierten Farmen, überprüfe Lieferanten regelmäßig und beende Verträge bei Verstößen.
„Die Wahrung der Menschenrechte steht im Zentrum unseres Handelns“, heißt es in dem Statement. Gleichwohl kündigte das Unternehmen an, die Lieferbeziehungen in Brasilien „intensiv zu prüfen“ und die Zusammenarbeit mit Cooxupé auf mögliche Verstöße zu untersuchen.
Ein globales Problem mit lokalen Wurzeln
Brasilien ist der größte Kaffeeproduzent der Welt – und laut offiziellen Zahlen auch eines der Länder mit den meisten dokumentierten Fällen von Arbeitsausbeutung. Allein 2023 befreiten brasilianische Behörden über 3.000 Menschen aus sklavenähnlichen Zuständen.
Experten sehen in der wachsenden internationalen Nachfrage nach günstigen Bohnen einen entscheidenden Faktor. Der Preisdruck zwingt kleine Produzenten zu Einsparungen, während Zwischenhändler oft unkontrolliert arbeiten. Zertifikate wie Fairtrade oder Rainforest Alliance sollen Transparenz schaffen, doch in der Praxis bleiben viele Kontrollen oberflächlich.
Rechtlicher und wirtschaftlicher Druck wächst
Die Klage stützt sich auf den Trafficking Victims Protection Reauthorization Act (TVPRA), der es auch ausländischen Arbeitern ermöglicht, US-Konzerne zu verklagen, wenn diese direkt oder indirekt von Zwangsarbeit profitieren. Sollte die US-Zollbehörde der Petition folgen, könnten Lieferungen bestimmter brasilianischer Produzenten blockiert werden – ein schwerer Schlag für den globalen Kaffeemarkt.
Zudem könnten Fälle wie dieser die Umsetzung neuer EU-Regeln zur Lieferketten-Sorgfaltspflicht beschleunigen. Unternehmen müssen künftig dokumentieren, wie sie Menschenrechtsverletzungen in ihren Lieferketten verhindern – andernfalls drohen Geldstrafen und Reputationsverluste.
Hintergrund: Ein Spiegel globaler Verantwortung
Der Streit um Starbucks ist mehr als ein juristisches Verfahren – er steht exemplarisch für die moralische Krise des globalen Konsums. Er zeigt, dass selbst Marken mit Nachhaltigkeitsimage in Netze aus Abhängigkeit und Intransparenz verstrickt sein können.
Während westliche Verbraucher für „nachhaltigen Kaffee“ bezahlen, schuften am anderen Ende der Lieferkette Menschen unter Bedingungen, die an das 19. Jahrhundert erinnern. Der Fall zwingt Konzerne, nicht nur Verantwortung zu kommunizieren, sondern sie endlich nachweislich zu übernehmen.
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