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Zum 80. Jahrestag: Botschafter Makeiev kritisiert russische Gedenkpolitik

Zum 80. Jahrestag: Botschafter Makeiev kritisiert russische Gedenkpolitik

April 15, 2025
Monika Schmidt
Anlässlich des 80. Jahrestags der Schlacht um Seelower Höhen warnt Botschafter Oleksii Makeiev vor russischer Propaganda in deutschen Gedenkstätten.

Anlässlich des 80. Jahrestages der Schlacht um die Seelower Höhen warnt der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, vor einer Instrumentalisierung der Erinnerung durch Russland. Hintergrund ist eine Empfehlung des Auswärtigen Amtes, bei offiziellen Veranstaltungen keine russischen oder belarussischen Vertreter mehr einzuladen. Diese Maßnahme erfolgt vor dem aktuellen politischen Kontext des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und stößt auf Zustimmung seitens der ukrainischen Seite. Darüber berichtet RENEWZ unter Berufung auf ein Interview mit Botschafter Makeiev, das am 15. April 2025 bei rbb24 gesendet wurde.

Makeiev macht deutlich, dass das Gedenken an den Zweiten Weltkrieg nicht losgelöst vom heutigen Verhalten Russlands betrachtet werden könne.

„Man braucht nur einen klaren moralischen Kompass und gesunden Menschenverstand, um zu entscheiden, ob man Vertreter von Verbrecher-Regimen einlädt oder nicht.“

Russland führe nicht nur einen Angriffskrieg, sondern verletze systematisch internationales Recht: „Ein Staat, der Kinder deportiert und über 163.000 Kriegsverbrechen begeht, ist alles andere als normal.“

Besonders kritisch sieht Makeiev die Darstellung sowjetischer Narrative an deutschen Erinnerungsorten wie der Gedenkstätte Seelower Höhen. Dort werden laut ihm zentrale Aspekte der historischen Wahrheit ausgelassen – etwa die Beteiligung der Sowjetunion an der Aufteilung Osteuropas:

„Diese Tafeln zeigen die Kriegsjahre 1941–1945 – und verschweigen damit bewusst die Jahre, in denen die Sowjetunion Komplize des Dritten Reiches war.“

Er verweist auf den Hitler-Stalin-Pakt von 1939 und die gemeinsame Besetzung Polens durch Deutschland und die Sowjetunion. Auch die oft wiederholte Zahl sowjetischer Opfer betrachtet Makeiev kritisch:

„Wenn russische Diplomaten von 27 Millionen Opfern sprechen, ist das eine postume Vereinnahmung von über acht Millionen ukrainischen Toten.“

Makeiev fordert, die deutsche Erinnerungskultur müsse differenzierter werden. In Berlin fehle ein Ort, der explizit den ukrainischen Opfern des Nationalsozialismus gewidmet ist.

„In den sowjetischen Denkmälern wird nicht erwähnt, dass viele Nationen in der Roten Armee kämpften. Es wird so dargestellt, als hätten nur Russen Europa befreit.“

Makeiev und die ukrainische Gemeinde meiden sowjetische Gedenkstätten grundsätzlich. Stattdessen legt er jedes Jahr am 8. Mai an der Neuen Wache in Berlin Blumen nieder – zum Gedenken an die ukrainischen Opfer.

Er plädiert dafür, sowjetisch geprägte Denkmäler mit historisch einordnenden Tafeln zu ergänzen, um Propaganda sichtbar zu machen. Nur so könne eine Erinnerungskultur entstehen, die auch die deutsche Verantwortung gegenüber der Ukraine ernst nimmt – damals wie heute. „Kein Volk hat das Recht, die Geschichte für sich allein zu beanspruchen.“

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Bild: IMAGO / Hohlfeld

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