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80 Jahre KZ-Befreiung: Brandenburg erinnert mit Gedenkveranstaltungen an die Opfer des NS-Terrors

80 Jahre KZ-Befreiung: Brandenburg erinnert mit Gedenkveranstaltungen an die Opfer des NS-Terrors

April 30, 2025
Monika Schmidt
Zum 80. Jahrestag der KZ-Befreiung erinnert Brandenburg mit Veranstaltungen an die Opfer und Orte nationalsozialistischer Verbrechen und Gewalt.

In Brandenburg wird in dieser Woche der Befreiung der Konzentrationslager durch alliierte Truppen im April und Mai 1945 gedacht. 80 Jahre später ist das Erinnern nicht bloß Geste – es ist ein politisches, historisches und moralisches Statement. In Sachsenhausen, Ravensbrück, dem Belower Wald und Brandenburg-Görden finden Gedenkveranstaltungen statt – mit Zeitzeugen, Schülerprojekten, Lesungen, Konzerten und Ausstellungen. Darüber berichtet Renewz.de unter Berufung auf rbb24.

Sachsenhausen – Das Systemlager des Terrors

Die Gedenkstätte Sachsenhausen war zwischen 1936 und 1945 eines der zentralen KZs des NS-Regimes – ein sogenanntes "Musterlager", das SS-Wachmannschaften als Ausbildungsstätte diente. Hier wurden politische Gegner, Juden, Roma, Sinti, Homosexuelle, Zeugen Jehovas und viele andere verfolgt, gequält, ermordet. Die Zahlen erschüttern bis heute: über 200.000 Inhaftierte, mindestens 55.000 Tote.

Am 22. und 23. April 1945 befreiten sowjetische und polnische Soldaten das Lager – es war zuvor von der SS geräumt worden. Zurück blieben rund 3.000 Kranke und Sterbende. Zehntausende andere befanden sich auf sogenannten Todesmärschen – zu Fuß, geschwächt, ohne Nahrung, bewacht von schwer bewaffneten SS-Männern. Viele starben am Straßenrand oder wurden erschossen.

2025 organisiert die Gedenkstätte ein mehrtägiges Programm. Den Auftakt bildet am 30. April ein Zeitzeugengespräch mit dem ukrainischen Überlebenden Mykola Urban in der Berliner Landesvertretung Brandenburgs. Am 1. Mai folgt der "Sachsenhausen-Gedenklauf" – ein Symbol der Lebendigkeit gegen das Vergessen. Die zentrale Gedenkfeier am 4. Mai findet mit politischer Prominenz statt: Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident Brandenburgs, und Kai Wegner (CDU), Berlins Regierender Bürgermeister, haben ihr Kommen zugesagt.

Ravensbrück – Frauen, Widerstand, Überleben

Ravensbrück war das größte Konzentrationslager für Frauen im Deutschen Reich. Über 130.000 Frauen aus mehr als 40 Nationen waren dort inhaftiert. Auch Kinder, ältere Menschen und schwangere Frauen litten unter unmenschlichen Bedingungen. Viele starben durch Hunger, medizinische Experimente oder systematische Tötung.

Zum 80. Jahrestag plant die Gedenkstätte vom 2. bis 5. Mai eine intensive Auseinandersetzung mit der Geschichte – und dem mutigen Widerstand einzelner Frauen.

Den Anfang macht ein Schulprojekt: Jugendliche erneuern Wegmarkierungen zur Gedenkstätte – ein Zeichen aktiven Gedenkens. Es folgen Zeitzeugengespräche, Vorträge und eine neue Ausstellung über Frauen im Widerstand. Am 3. Mai werden 24 Stunden lang die Namen der Toten vorgelesen – in einer ritualisierten, leisen und eindrücklichen Form.

Am 4. Mai findet die zentrale Feier statt. Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Claudia Roth (Grüne), wird sprechen. Ehemalige Häftlinge kommen zu Wort, begleitet von Musik des Landesjugendorchesters Mecklenburg-Vorpommern. Worte, Klänge, Erinnerungen.

Belower Wald – Todesmarsch im letzten Licht

Der Belower Wald nahe Wittstock/Dosse wurde im April 1945 zu einem Notlager für Häftlinge aus Sachsenhausen. In den letzten Kriegstagen trieben SS-Wachmannschaften über 30.000 Häftlinge Richtung Nordwesten – im Chaos des zusammenbrechenden Dritten Reichs.

Ohne Nahrung, Schlaf und Schutz rasteten viele im Wald – bis zu 800 starben in wenigen Tagen. Manche Überlebende berichteten später, dass sie dort das Grauen fast mehr spürten als im Lager selbst – weil es keinen Bezugspunkt mehr gab, keine Struktur, nur Angst.

Am 2. Mai 2025 spricht Innenministerin Katrin Lange (SPD) vor Ort. Die Gedenkstätte erinnert mit einer Schweigeminute, Biografien und Blumen an jene, die in den letzten Kriegstagen starben – erschöpft, verlassen, vergessen.

Brandenburg-Görden – NS-Justiz und Hinrichtungen

Das Zuchthaus Brandenburg-Görden war ein Ort der NS-Justiz, der politischen Verfolgung, der Hinrichtungen. Noch am 20. April 1945 – wenige Tage vor der Befreiung – wurden hier 28 Männer erschossen.

Etwa 3.500 Gefangene wurden im April befreit – unter ihnen politische Gefangene, Deserteure, Widerstandskämpfer. Ihre Geschichten sind bis heute nur teilweise aufgearbeitet.

Seit Anfang April 2025 finden in der Gedenkstätte Veranstaltungen statt – darunter eine Filmvorführung über einen Nachfahren eines Hingerichteten, der nach Spuren seines Verwandten sucht. Am 22. Mai endet die Reihe mit einem Vortrag über Richter Rudolf Mandrella – ein Mitglied des katholischen Widerstands, 1944 verhaftet und 1945 hingerichtet.

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Bild: rbb | Riccardo Wittig, Michel Nowak 

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