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Wehrpflicht-Debatte 2025: Autor Nymoen will im Ernstfall lieber schweigen als kämpfen

Wehrpflicht-Debatte 2025: Autor Nymoen will im Ernstfall lieber schweigen als kämpfen

April 19, 2025
Monika Schmidt
Wehrpflicht-Debatte 2025: Ein junger Autor stellt klar – im Ernstfall greift er nicht zur Waffe, sondern verweigert still.

Während Politiker, Militärs und Gesellschaft erneut über die Rückkehr der Wehrpflicht diskutieren, meldet sich eine radikale Gegenstimme zu Wort: Der Autor Ole Nymoen stellt im Interview mit rbbKultur vom 12. April 2025 klar, dass er sich einer möglichen Einberufung vollständig entziehen würde. Nicht durch Flucht oder Fahnenflucht – sondern durch bewusste Passivität an der Front. „Wenn man mich an die Front zwingt, würde ich einfach nichts tun.“

RENEWZ analysiert die Aussagen des Interviews, ihre politische Relevanz und warum diese Position in der jungen Generation mehr Zuspruch findet, als es manchen lieb ist.

„Ich will nicht töten – und auch nicht getötet werden“

Ole Nymoen, Jahrgang 1998, studierter Ökonom und Soziologe, wurde durch kritische Bücher und öffentliche Diskussionsformate bekannt. Sein aktueller Standpunkt zur Wehrpflicht ist eindeutig: Er verweigert sie nicht aus Angst, sondern aus Prinzip.

„Ich habe kein persönliches Problem mit Menschen in Russland oder anderswo. Der einzige Grund, warum ich auf jemanden schießen sollte, ist der Zwang durch Staaten – das lehne ich ab.“

Der Krieg in der Ukraine war für Nymoen ein Wendepunkt. Weniger wegen der politischen Dimension – mehr wegen der Art, wie darüber gesprochen wurde. „Journalisten haben mitgefiebert wie bei einem Fußballspiel, während tausende Menschen starben. Diese Euphorie war für mich unerträglich.“

In seinem Buch „Warum ich niemals für mein Land kämpfen würde“ kritisiert er genau diese Kluft zwischen symbolischer Rhetorik und menschlichem Verlust.

Kein Patriotismus auf Befehl – und keine Loyalität zu einem ungerechten Staat

Nymoen hält nichts von staatlich geforderter Geschlossenheit im Kriegsfall. Im Gegenteil: „Viele, die in Friedenszeiten gegen Geflüchtete und Arme hetzen, erwarten im Kriegszustand plötzliche Solidarität. Das ist unehrlich.“ Auch das eigene Leben will er nicht für „abstrakte Staatsideen“ opfern. „Der Tod verhandelt nicht. Mit einer neuen Staatsmacht kann man sich arrangieren – mit dem Tod nicht.“

Sollte es tatsächlich zu einer Einberufung kommen, würde er versuchen zu fliehen. Gelingt das nicht, würde er sich verstecken – wie viele junge Männer in der Ukraine, die sich per Chatgruppen vor der Einziehung schützen.

„Wenn der Staat mich trotzdem an die Front zwingt, bleibe ich passiv. Dann gehe ich lieber ins Gefängnis als ins Grab.“

„Ich bin nicht Kanzler – ich bin der, der stirbt“

Nymoens Haltung ist nicht pazifistisch im klassischen Sinn, sondern strategisch und bewusst. Im Fall eines Vernichtungskriegs – also einer Bedrohung der Existenz – sieht er seine Position anders. Dann wäre Widerstand notwendig. Aber nicht, um einen Staat zu retten, sondern das eigene Überleben.

„Im Alltag verteidige ich mich gegen Gewalt. Aber nicht, weil mir jemand sagt, es sei für die Nation.“

Seine Vision: Eine Welt ohne Staaten, ohne Pflichtdienst, ohne Zwang zur Uniform. Und eine Jugend, die nicht mehr bereit ist, blind zu folgen.

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 Bild: picture alliance/Photothek/J.Sonntag

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