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Trade Republic unter Druck: Verbraucherschützer verklagen Deutschlands größten Neobroker

Trade Republic unter Druck: Verbraucherschützer verklagen Deutschlands größten Neobroker

Juni 27, 2025
Monika Schmidt
Trade Republic vor Gericht: Warum Zinsversprechen, App-Ausfälle und ein drohendes EU-Verbot dem größten Neobroker Europas jetzt gefährlich werden.

Acht Millionen Kunden, Milliardenvermögen und ein Selbstbild als Revolutionär der Finanzwelt – doch hinter der Fassade von Trade Republic rumort es. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat Klage gegen das Berliner Fintech eingereicht, die Finanzaufsicht prüft Störungen in der App, und aus Brüssel droht ein Verbot eines Kernelements des Geschäftsmodells. Darüber berichtet RENEWZ.de unter Berufung auf Focus Online.

Ein Aufstieg mit System – und Nebenwirkungen

In kaum fünf Jahren entwickelte sich Trade Republic vom Start-up zum größten Neobroker Europas. Die Kundenbasis wuchs rasant: 2024 wurde laut Unternehmensangaben die Acht-Millionen-Marke überschritten. Besonders das Zinsangebot – 3 % aufs Tagesgeld – lockte Sparende in Zeiten negativer Realzinsen. Auch die einfache App und gebührenfreie ETF-Sparpläne überzeugten viele junge Anleger.

Doch mit dem Wachstum kamen die Reibungen. Immer häufiger melden Nutzer technische Ausfälle, kritisieren unklare Informationen zur Einlagensicherung oder stellen Differenzen bei Steuerbescheiden fest. Und die Klage der Verbraucherzentrale trifft einen empfindlichen Nerv.

Streit um Zinsversprechen und Sicherheiten

Kern der juristischen Auseinandersetzung: die Werbung von Trade Republic mit „unbegrenzten 3 % Zinsen“ auf Giroguthaben – sowie der Eindruck, das Geld sei bei Partnerbanken bis 100.000 Euro gesetzlich gesichert. Tatsächlich wird laut Angaben in der App ein Teil der Einlagen auch in Geldmarktfonds investiert. Diese gelten als liquide, sind aber nicht durch die Einlagensicherung abgedeckt.

„Das ist keine Nebensächlichkeit, sondern betrifft die Risikoeinschätzung der Kundinnen und Kunden unmittelbar“, sagt Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale. Das Unternehmen kontert: Alle Hinweise seien transparent in der App einsehbar, und man denke „innovativ, um vielen Menschen den Zugang zum Kapitalmarkt zu ermöglichen“.

Wenn die App streikt, wenn’s zählt

Die technische Robustheit der Plattform steht ebenfalls in der Kritik. Beispiel: Am 3. April führten Aussagen von Donald Trump zu Turbulenzen an den Märkten. Die App von Trade Republic – wie auch die anderer Anbieter – war für mehrere Stunden überlastet. Kauf und Verkauf waren unmöglich. Die BaFin reagierte auf Beschwerden und nahm Kontakt zum Unternehmen auf. Gründer Christian Hecker erklärt: „Es waren Volumina, die es in Deutschland so noch nicht gegeben hat.“

Steuerstreit im Detail

Auch das deutsche Steuersystem bringt Probleme mit sich. Nutzer beklagten auf Online-Plattformen, dass das Steuerprogramm WISO die Abrechnungen des Brokers beanstandete – etwa wegen Centbeträgen beim Solidaritätszuschlag. Trade Republic spricht von zulässigen Rundungsdifferenzen. „Wir führen exakt die Steuer ab, die auf die jeweilige Transaktion entfällt“, versichert die Sprecherin.

EU-Verbot trifft Geschäftsmodell im Kern

Gravierender ist ein regulatorischer Einschnitt aus Brüssel: Das sogenannte Payment for Order Flow – eine zentrale Einnahmequelle vieler Neobroker – wird ab Mitte 2026 verboten. Dabei erhalten Broker eine Vergütung dafür, dass sie Kundenorders an bestimmte Börsen weiterleiten, meist über sogenannte Market Maker.

Für Trade Republic ist das mehr als nur ein Detail: Rund ein Drittel der Einnahmen basieren auf dieser Struktur. Das Unternehmen betont jedoch, dass Sparpläne kostenlos bleiben und man alternative Lösungen vorbereitet habe. Details nennt man mit Blick auf den Wettbewerb nicht.

Was bleibt: die Suche nach Stabilität

Es ist ein Spagat zwischen technologischem Fortschritt und regulatorischer Verantwortung. Die BaFin gibt sich kühl: Manche junge Firmen müssten „erst ein Verständnis dafür entwickeln, dass funktionierende Kontrollsysteme essentiell sind“. Für Trade Republic bleibt die Herausforderung, Vertrauen und Wachstum langfristig in Einklang zu bringen.


Überblick: Die zentralen Streitpunkte

ThemaVorwurf/KritikReaktion von Trade Republic
ZinswerbungIrreführende Kommunikation zur EinlagensicherungHinweise in App, Kommunikation „durchgängig transparent“
Technische AusfälleKeine Orderausführung bei Marktturbulenzen„Beispiellose Last, Systeme wurden angepasst“
SteuerabrechnungDifferenzen in Steuerbescheiden laut NutzernRundungsfehler, keine steuerliche Relevanz
Geschäftsmodell (PFOF)Verbot durch EU ab 2026„Plan liegt vor, Kunden müssen nichts befürchten“

Trade Republic steht exemplarisch für den Spagat zwischen digitaler Innovation und regulatorischer Realität. Das schnelle Wachstum, aggressive Zinsversprechen und ein fragiles Geschäftsmodell treffen nun auf rechtliche und politische Grenzen. Die Klage der Verbraucherzentrale sowie das EU-Verbot des Orderflows zwingen das Unternehmen, sein Fundament zu überdenken – nicht nur technisch, sondern strategisch.

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Bild - EPA-faz.net

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