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So lief die Bekanntgabe des Physik-Nobelpreises 2024: Hopfield und Hinton geehrt

So lief die Bekanntgabe des Physik-Nobelpreises 2024: Hopfield und Hinton geehrt

Oktober 8, 2025
James Whitmore
Physik-Nobelpreis 2024: John Hopfield und Geoffrey Hinton werden für ihre Arbeiten an künstlichen neuronalen Netzen und maschinellem Lernen geehrt.

Maschinelles Lernen, neuronale Netze, künstliche Intelligenz – diese Begriffe bestimmten die Atmosphäre, als die wissenschaftliche Welt am 8. Oktober 2024 gespannt nach Stockholm blickte. Um 11:45 Uhr gab die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften bekannt, wer den Nobelpreis für Physik erhält. Die Entscheidung fiel auf zwei Forscher, deren Arbeit das Fundament moderner KI bildet: John J. Hopfield und Geoffrey E. Hinton. Sie werden für „bahnbrechende Entdeckungen und Erfindungen, die maschinelles Lernen mit künstlichen neuronalen Netzen ermöglichen“, ausgezeichnet. Die Redaktion von Spektrum.de begleitete die Verkündung live aus Stockholm und dokumentierte die Reaktionen aus der Fachwelt, berichtet Renewz.de.

Im Folgenden lesen Sie, wie die Preisvergabe ablief, was hinter den Entscheidungen des Komitees steckt, welche historischen Bezüge bestehen und warum die Auszeichnung über Physik hinaus ein Signal an die gesamte Wissenschaft ist.

Der Ablauf der Bekanntgabe

Die Spannung im Nobel-Institut war mit Händen zu greifen. Gegen 11:40 Uhr trat die Vorsitzende des Physik-Nobelkomitees vor die Presse, flankiert von Mitgliedern der Akademie. Kurz nach 11:45 Uhr fiel der Satz, auf den die internationale Wissenschaftsgemeinschaft gewartet hatte:

„The Nobel Prize in Physics 2024 is awarded to John Hopfield and Geoffrey Hinton for their fundamental discoveries enabling machine learning with neural networks.“

Ein kurzer Applaus, Blitzlichtgewitter, dann die Einspielung eines Videostatements: Geoffrey Hinton, sichtlich überrascht, dankte „allen Forschern, die über Jahrzehnte an neuronalen Netzen festgehalten haben“. Hopfield, der per Videokonferenz zugeschaltet war, betonte die Verbindung von Physik und Biologie: „Wir wollten verstehen, wie das Gehirn rechnet – und fanden Physik im Denken wieder.“

Nach der Verkündung erläuterte das Komitee die wissenschaftliche Begründung: Beide Forscher hätten mit physikalischen Konzepten – etwa Energiezuständen und statistischen Modellen – die Grundlage für selbstlernende Systeme geschaffen. Die Übertragung dieser Prinzipien in die Informatik gilt als revolutionär.

Die offizielle Pressekonferenz dauerte rund 40 Minuten. Anschließend beantworteten Vertreter der Akademie Fragen zu den Auswirkungen der Forschung auf moderne KI-Systeme, den Bezug zur Physik und ethische Grenzen.

Wer sind die Nobelpreisträger 2024

John J. Hopfield, geboren 1933 in Chicago, ist Physiker und Biologe. Er studierte an der Cornell University, promovierte in Princeton und arbeitete später am Institute for Advanced Study. Hopfield wurde vor allem durch das „Hopfield-Netz“ bekannt – ein mathematisches Modell, das das Gedächtnis als System energetischer Zustände beschreibt. Seine Forschung verband erstmals neuronale Mechanismen mit thermodynamischen Konzepten.

Geoffrey E. Hinton, geboren 1947 in London, lehrte jahrzehntelang an der University of Toronto. Er gilt als „Godfather of Deep Learning“. Seine Beiträge zur Entwicklung der Boltzmann-Maschine und zu Backpropagation-Verfahren machten maschinelles Lernen erst praktisch einsetzbar. Hinton arbeitete viele Jahre bei Google Brain und gilt zugleich als Mahner vor unkontrollierter KI-Entwicklung.

Beide Forscher haben entscheidend dazu beigetragen, dass neuronale Netze heute in der Spracherkennung, bei medizinischer Bilddiagnose, im autonomen Fahren und in generativer KI Anwendung finden. Das Komitee betonte ausdrücklich, dass ihre Erkenntnisse auf physikalischen Prinzipien beruhen – Energie, Wahrscheinlichkeitsverteilung, Stabilität –, weshalb der Preis in der Kategorie Physik verliehen wurde.

Wissenschaftliche Hintergründe und Bedeutung der Forschung

Neuronale Netze basieren auf einem einfachen, aber mächtigen Prinzip: Daten werden durch Schichten künstlicher Neuronen verarbeitet, die ihre Gewichtungen während des Lernprozesses anpassen. Diese Idee klingt informatisch, stammt aber ursprünglich aus der Physik – genauer aus der statistischen Mechanik.

Hopfields Modelle funktionieren ähnlich wie physikalische Systeme, die nach einem Energie-Minimum streben: Das Netzwerk findet den stabilsten Zustand, der einer gelernten Information entspricht. Wenn ein Teil des Musters bekannt ist, rekonstruiert das Netz den Rest.

Hinton entwickelte auf dieser Grundlage die „Boltzmann-Maschine“, benannt nach dem österreichischen Physiker Ludwig Boltzmann. Sie nutzt Zufallsprozesse, um aus riesigen Datenmengen Muster zu extrahieren. Diese Mechanismen bildeten die Basis für moderne Deep-Learning-Architekturen.

Damit schließt sich der Kreis zwischen Physik und künstlicher Intelligenz. Der Nobelpreis 2024 würdigt nicht nur technische Innovation, sondern eine Denkbewegung: das Verständnis, dass Lernen ein physikalischer Prozess ist – eine kontinuierliche Energieoptimierung in komplexen Systemen.

Der Nobelpreis im Kontext der Geschichte

Seit der erste Physik-Nobelpreis 1901 an Wilhelm Conrad Röntgen für die Entdeckung der Röntgenstrahlen ging, steht die Auszeichnung für bahnbrechende Paradigmenwechsel. Röntgens Arbeit öffnete den Blick ins Unsichtbare; Einsteins Lichtquantenhypothese von 1921 begründete die Quantenmechanik.

Die Entscheidung von 2024 knüpft an diese Linie an: Wieder prämiert das Komitee eine Forschung, die unsere Wahrnehmung der Welt verändert. Nur dass der Blick diesmal nicht in den Weltraum oder in Atome führt, sondern in die künstliche Nachbildung des menschlichen Denkens.

Insgesamt wurden seit 1901 über 200 Forscherinnen und Forscher in der Kategorie Physik geehrt. Mehr als 20 davon erhielten den Preis für Arbeiten mit Bezug zur Quantenmechanik. Nun tritt das maschinelle Lernen als neues Kapitel in diese Reihe ein.

JahrPreisträgerForschungsgebietBedeutung
1901Wilhelm C. RöntgenRöntgenstrahlenMedizinische Diagnostik
1921Albert EinsteinLichtquantenBeginn der Quantenphysik
1965Richard Feynman u. a.QuantenfeldtheorieVereinheitlichung von Kräften
2024Hopfield, HintonNeuronale NetzeVerbindung von Physik & KI

Der Preis und seine Symbolkraft

Das Preisgeld beträgt aktuell 11 Millionen Schwedische Kronen, rund 970 000 Euro. Die offizielle Übergabe erfolgt am 10. Dezember 2024, dem Todestag Alfred Nobels, in Stockholm. Nur der Friedensnobelpreis wird traditionell in Oslo verliehen.

Alfred Nobel (1833–1896) war selbst Physiker, Chemiker und Unternehmer. Mit der Erfindung des Dynamits schuf er eine Grundlage moderner Industrie – und gleichzeitig eine moralische Last. Umso bemerkenswerter, dass sein Vermögen in eine Stiftung floss, die den „größten Nutzen für die Menschheit“ fördern sollte.

Alfred Nobel

Heute ist der Nobelpreis nicht nur eine wissenschaftliche, sondern auch eine kulturelle Institution. Er prägt Karrieren, internationale Kooperationen und gesellschaftliche Debatten. Die Vergabe an Hopfield und Hinton zeigt, dass Physik längst nicht mehr nur von Teilchen und Feldern handelt, sondern auch von Daten und Algorithmen.

Reaktionen und Diskussionen

Weltweit wurde die Entscheidung positiv aufgenommen, wenn auch mit Überraschung. Viele Fachleute hatten eine Auszeichnung im Bereich der Quantenmaterialien oder Klimaphysik erwartet.

Forscherinnen und Forscher aus den USA, Kanada, Deutschland und Japan lobten die Entscheidung als „mutig und weitsichtig“. Die Deutsche Physikalische Gesellschaft erklärte, der Preis verdeutliche „die enge Verflechtung zwischen physikalischer Grundlagenforschung und technologischer Anwendung“.

Zugleich entbrannte eine Debatte über die Grenzen zwischen Disziplinen. Ist KI noch Informatik oder schon Physik? Die Nobeljury gab mit ihrer Entscheidung eine klare Antwort: Entscheidend ist die zugrunde liegende Theorie, nicht das Anwendungsfeld.

Geoffrey Hinton selbst äußerte sich in einem Interview kritisch zur Entwicklung künstlicher Intelligenz: „Wir stehen am Anfang einer Ära, die wir noch nicht verstehen. Der Preis ehrt die Grundlagen, nicht die Macht der Maschinen.“

Wie man die Nobelpreiswoche verfolgen kann

Jedes Jahr werden die Nobelpreise zwischen dem 7. und 14. Oktober bekannt gegeben. Der Ablauf folgt einer festen Struktur, die auch 2024 eingehalten wurde.

DatumKategoriePreisträger 2024Thema
7. OktoberMedizin/PhysiologieVictor Ambros, Gary RuvkunEntdeckung der microRNA
8. OktoberPhysikJohn Hopfield, Geoffrey HintonNeuronale Netze und KI
9. OktoberChemieNoch nicht bekanntgegeben
10. OktoberLiteraturBekanntgabe folgt
11. OktoberFriedenBekanntgabe in Oslo
14. OktoberWirtschaftAlfred-Nobel-Gedächtnispreis

Wer die Verkündung künftig verfolgen möchte, kann die Livestreams der Akademie auf den offiziellen Seiten der Nobelstiftung oder bei großen Wissenschaftsportalen wie Spektrum.de ansehen.

Bedeutung für Zukunft und Forschung

Der Nobelpreis 2024 macht deutlich, dass die Grenzen zwischen Disziplinen verschwimmen. Physik, Informatik und Biologie nähern sich an – eine Entwicklung, die neue Felder eröffnet: Quanten-KI, Neuroinformatik, energieeffiziente Chips.

Zugleich wird mit dieser Ehrung Verantwortung eingefordert. Wenn physikalische Konzepte Maschinen das Denken lehren, müssen auch Fragen nach Ethik, Energieverbrauch und gesellschaftlicher Kontrolle Teil des Diskurses sein.

Hopfield und Hinton stehen exemplarisch für eine Forschung, die nicht nur Wissen, sondern auch Weisheit verlangt. Ihre Entdeckungen zeigen, dass Physik nicht in Laboren endet, sondern längst in unseren Computern, Städten und Entscheidungen wirkt.

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