Staatsanleihen 2025: Steigende Renditen signalisieren Risiko – wankt der sichere Anlagehafen

Die vermeintliche Unantastbarkeit von Anleihen als sichere Geldanlage ist durch die jüngsten Entwicklungen an den globalen Märkten stark ins Wanken geraten. Die Signale sind eindeutig: Steigende Renditen deuten auf ein wachsendes Risikoempfinden hin, das selbst vor den stärksten Schuldnern keinen Halt macht. Im September 2025 kletterten die Zinssätze für langfristige Staatsanleihen in fast allen Industrienationen markant in die Höhe, vielerorts wurden Niveaus erreicht, die seit über zwei Jahrzehnten nicht mehr verzeichnet wurden. Die zentrale Ursache für diese Entwicklung liegt in der kontinuierlich wachsenden Schuldenlast der Staaten, welche das Vertrauen der Anleger in die nachhaltige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen massiv erschüttert,berichtet Renewz.de mit Verweis auf Cash.
Besonders die politische Lage in Frankreich sorgte innerhalb Europas für spürbare Unruhe an den Märkten. Die Rendite französischer Staatspapiere mit einer Laufzeit von 30 Jahren schnellte auf 4,5 Prozent, ein Wert, der zuletzt während des Höhepunkts der Schuldenkrise im Jahr 2009 beobachtet wurde. Auch Papiere der Bundesrepublik Deutschland, die lange als Stabilitätsanker galten, blieben von diesem Sog nicht unberührt: Dreißigjährige deutsche Bundesanleihen rentierten Anfang September mit 3,42 Prozent, dem höchsten Stand seit dem Jahr 2011. Die steigenden Renditen spiegeln dabei fundamental das Verhältnis von Angebot und Nachfrage wider; ein Anstieg bedeutet, dass Investoren nur noch niedrigere Preise für die Anleihen akzeptieren, was als klares Indiz für sinkendes Vertrauen gewertet wird.
Maik Bolsmann, Geschäftsführer bei der B&K Vermögen in Köln, kommentiert die aktuelle Marktlage nüchtern: „Die alte Faustregel ‚Aktien pfui, Anleihen hui‘ hat längst ausgedient. In Phasen des allgemeinen Marktdrucks verlieren beide Anlageklassen gleichermaßen an Wert.“ Rainer Kienzle, Vorstand der SVA Vermögensverwaltung Stuttgart, sieht die entscheidenden Risiken primär in der Inflation und den Realrenditen. Er warnt davor, dass ein steigender Inflationsdruck unausweichlich wird, sobald eine übermäßige Geldschöpfung durch die Notenbanken betrieben wird. Die Sorge vor einer Entwertung des Kapitals durch anhaltend hohe Teuerungsraten ist demnach ein wesentlicher Treiber des Vertrauensverlusts.
Die Einschätzung der Marktsituation fällt auch bei Roland Schmack von Meine Werte GmbH in Münster ambivalent aus. Er betont, dass Anleihen zwar weiterhin eine Funktion als sicherer Hafen erfüllen, jedoch gleichzeitig durch steigende Haushaltsdefizite, politische Unsicherheiten und inflationsgetriebene Zinsanstiege massiv belastet werden. Dennoch stellt er fest, dass Staatsanleihen westlicher Industrieländer in akuten Krisenzeiten häufig eine stabilisierende Rolle in den Portfolios einnehmen und somit kurzfristig als Liquiditätsanker dienen können. Diese Stabilisierungsfunktion findet jedoch ihre Grenzen im steigenden Zinsniveau.
Staatsanleihen behalten zwar ihre nominale Sicherheit, insbesondere wenn sie von Staaten mit eigener Notenbank emittiert werden, wie es für die USA, Japan und die Schweiz der Fall ist. Stefan Böhmerle, Geschäftsführer von e/r/w-Vermögensmanagement in Stuttgart, stuft diese Papiere als vergleichsweise solide ein. Er warnt jedoch davor, dass selbst in diesen vermeintlich sicheren Häfen das Risiko bleibt, dass die hohen Renditen zukünftige Kursverluste vorwegnehmen und somit die reale Werterhaltung gefährdet ist. Die Anleger müssen daher das Verhältnis von Renditechance und dem zugrunde liegenden Verschuldungsrisiko neu bewerten.
Ein differenziertes Bild ergibt sich in der Euro-Peripherie: Länder wie Italien, Griechenland und Portugal verzeichneten zuletzt eine wieder gestiegene Nachfrage nach ihren Staatspapieren. Ihre Risikoprämien im Vergleich zu den deutschen Bundesanleihen sanken zwischenzeitlich auf den niedrigsten Stand seit 15 Jahren, was eine vorübergehende Beruhigung signalisiert. Trotz dieser positiven Entwicklung in der Peripherie bleiben die globalen Anleihemärkte extrem sensibel und reagieren auf jede politische oder fiskalische Unsicherheit mit erhöhter Volatilität.
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