KBV-Chef fordert Klinikschließungen: Gassen will Gesundheitssystem reformieren und Kosten senken

Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, hat sich für eine tiefgreifende Umstrukturierung des deutschen Gesundheitssystems ausgesprochen, um erhebliche Kosten einzusparen. Im Zentrum seiner Forderungen steht eine deutliche Reduzierung der Krankenhausstandorte und eine verstärkte Verlagerung von Behandlungen in den ambulanten Bereich. Gassen betonte, es gäbe nach wie vor „unverändert zu viele Krankenhäuser“ und forderte eine „Konzentration der Standorte und echte Ambulantisierung“, berichtet Renewz.de mit Verweis auf die spiegel.
Laut Gassen sind die Krankenhäuser der größte Kostentreiber im System, weshalb dort Sparmaßnahmen zwingend notwendig seien. Er schätzt, dass mindestens jeder fünfte Klinik-Fall – wobei Krankenkassen sogar von bis zu 60 Prozent sprechen – ambulant erbracht werden könnte. Dies würde nicht nur zu Kostensenkungen führen, sondern auch patientenfreundlicher sein. Er kritisierte, dass in Deutschland viele Operationen noch stationär durchgeführt werden, die in anderen Ländern längst ambulant erfolgen.
Gleichzeitig warnte der Ärztelobbyist davor, weitere Einsparungen bei den Praxen der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten vorzunehmen. Gassen kritisierte, die gesetzliche Krankenversicherung fahre das System an die Wand, indem sie die Praxen, die für 97 Prozent der Versorgung bei nur 16 Prozent der Gesamtausgaben stehen, finanziell drossle. Er bezeichnete die Erwartung, dass Ärzte ständig mehr Aufgaben bei sinkender Vergütung übernehmen sollen, als „Wahnsinn“.
Andreas Gassen befürchtet, dass weitere Sparmaßnahmen zur Schließung noch mehr Praxen führen würden. Er wies darauf hin, dass fast 40 Prozent der Hausärzte bereits über 60 Jahre alt sind und viele ihre Praxen in diesem Fall einfach aufgeben würden. Auch Fachärzte könnten ihre Leistungen einschränken, was zwangsläufig zu deutlich längeren Wartezeiten für Patienten führen würde.
Zur Steigerung der Einnahmen brachte Gassen die Wiedereinführung einer früheren Maßnahme ins Gespräch. Er könne sich eine „Art Praxisgebühr 2.0 vorstellen, bei der die Kassen das Geld direkt bei den Patienten einziehen“. Gassen hält eine Gebühr von zehn Euro pro Quartal für zumutbar, da dies dem Preis eines Döners entspreche. Die frühere Praxisgebühr habe den Krankenkassen jährlich Einnahmen von zwei Milliarden Euro eingebracht. Als weitere Option zur Einnahmenerhöhung schlug er die Einführung einer Zuckersteuer nach skandinavischem Vorbild vor.
Ein erhebliches Einsparpotenzial sieht der KBV-Chef zudem bei bestimmten Leistungen, deren Nutzen nicht wissenschaftlich belegt ist. Er fordert die Streichung der Kostenübernahme für Homöopathie durch die Krankenkassen. Aktuell zahlen die Kassen laut Gassen jährlich etwa 50 Millionen Euro dafür. Er betonte, dass es keine Evidenz für die Wirksamkeit von Homöopathie gebe. Zwar könnten Menschen Globuli oder Mistel-Zweige nutzen, wenn sie daran glauben, dies dürfe aber nicht zulasten der Beitragszahler gehen.
Auch die sogenannten Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA), die zur Unterstützung von Rauchstopp oder zur Linderung von Depressionen genutzt werden können, hält Gassen für verzichtbar. Er kritisierte, dass bei den unter Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn eingeführten DiGAs „ohne erwiesenen Nutzen viel Geld verschwendet“ werde. Gassen monierte das Fehlen einer echten Bewertung des medizinischen Nutzens sowie einer Kontrolle darüber, ob diese Anwendungen überhaupt von den Versicherten genutzt werden. Die Kosten für diese Apps hätten sich zwischen 2020 und 2024 auf rund 234 Millionen Euro belaufen, mit weiter steigender Tendenz.
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