Wann ist Johannistag in Deutschland – und wie wird er gefeiert

Wenn am 24. Juni in Dörfern und auf Berghängen Deutschlands die Flammen lodern, geht es um weit mehr als nur ein Volksfest. Der Johannistag, benannt nach Johannes dem Täufer, markiert einen der ältesten Kulttage Europas – eine Schnittstelle zwischen Kirche, Natur und bäuerlicher Weltordnung. Der Tag ist eng mit der Sommersonnenwende verknüpft, greift auf vorchristliche Sonnenkulte zurück und wurde später gezielt in das christliche Festjahr integriert.

Ursprünglich stand der Johannistag für Reinigung, Erneuerung und Fruchtbarkeit – heute verbinden sich mit ihm Erinnerungen an Dorfkindheit, duftende Kräutersträuße, brennende Räder und Sommernächte voller Magie. Es ist ein Datum, an dem die Natur spricht – und der Mensch zuhört. Im Rhythmus der Jahreszeiten spielt dieser Tag eine besondere Rolle: Er ist kein lauter Feiertag, sondern ein leuchtender Wendepunkt.
RENEWZ.de berichtet: Der Johannistag ist ein seltenes Beispiel für ein Fest, das trotz jahrhundertelanger Veränderung seine archaische Kraft behalten hat – in den Flammen der Feuer, in den Händen der Kräutersammlerinnen und im Herzschlag der Felder.
Warum wird am Johannistag Feuer entfacht
Das Johannisfeuer, meist am Abend des 23. Juni, ist das zentrale Ritual dieses Tages. Sein Ursprung liegt in heidnischen Sonnenwendefeiern: Feuer als Symbol für Schutz, Reinigung und neue Lebenskraft. Es sollte böse Geister vertreiben, das Vieh schützen und die Ernte segnen – und natürlich auch die Liebe entfachen.
- Sprung über das Feuer: Jugend- und Liebesritual – gemeinsam springen soll Zusammenhalt bringen.
- Brennende Strohräder: In den Alpenrollen Flammenkugeln von Hügeln bergab – ein uralter Sonnenkult.
- Feueraschen-Überreste: Als natürlicher Dünger verstreut – Segen für die Felder.
Warum Kräuter, warum Tau
In der Johannisnacht – der Nacht auf den 24. Juni – setzt der zweite Austrieb vieler Pflanzen ein, der sogenannte Johannistrieb. Man glaubte: Kräuter, die jetzt gesammelt werden, tragen besondere Heilkraft.
- Tradition: sieben oder neun wildwachsende Kräuter sammeln – darunter Johanniskraut, Beifuß, Kamille, Schafgarbe, Baldrian, Salbei und Ringelblume.
- Verwendung: Als gebundene Sträuße für Haus, Stall oder unter das Kopfkissen – zum Schutz, für Liebe und Gesundheit.
- Morgentau-Ritual: Barfuß laufen oder sich waschen in Tau – für Verjüngung und Reinigung.
Diese uralten Rituale erleben heute eine stille Renaissance – als Verbindung zu Natur und Innerlichkeit.
Johannistag als bäuerlicher Lostag – und Spargelsilvester
Für die Landwirtschaft war der 24. Juni ein entscheidender Lostag:
- Spargelsilvester: Schließung der Spargelsaison — danach regeneriert das Land.
- Wetterweisheit: „Vor Johanni bitt um Regen, nachher kommt er ungelegen“ – uralte Prognose.
- Baumschnitt: Obstbäume werden nach dem Johannistrieb geschnitten – kontrolliertes Wachstum.
- Heuernte-Beginn: Das erste Schnittlicht markiert auch den Start der Heuersaison.
Der Johannistag war Agrarkompass und spiritueller Meilenstein – lang bevor Nachhaltigkeit zur Mode wurde.
Der kirchliche Rahmen: Johannes der Täufer
Aus kirchlicher Sicht ist der Johannistag außergewöhnlich – es wird der Geburtstag, nicht der Todestag eines Heiligen gefeiert. Johannes der Täufer, der Vorläufer Christi, wird sechs Monate vor Weihnachten gewürdigt – Licht vor Licht.
Viele Gemeinden zelebrieren:
- Gottesdienste mit Tauf-Erinnerungen und Wassersegnung
- Feierliche Öffnung von Kirchen und Feiern zum Übergang
Ein Fest, das heidnische Feuerkulte und christliche Symbolik miteinander verbindet.
Kinderbräuche und regionale Identität
In vielen Regionen wird dieser Tag von Kindern mit eigenen Ritualen gefeiert:
- Markdorf (Bodensee): „Hansafüratle“-Fackelumzug, Kindergesänge, Süßigkeitensammeln
- Oberharz: Kinder schmücken kleine Fichten mit bunten Eierschalen – Fruchtbarkeitszeichen
- Wunsiedel (Fichtelgebirge): UNESCO-geschütztes Brunnenfest – Frauen und Kinder schmücken Brunnen mit Blumen
Kein Erbe im Museum – sondern gelebte Tradition, die Gemeinschaft formt.
Warum der Johannistag heute wieder Bedeutung gewinnt
In der digitalisierten Welt wirkt der Johannistag echt: kein Konsumbrei, keine Werbung, sondern Feuer, Pflanzen, Himmel. Wer Entschleunigung sucht, findet hier Rhythmus, Ruhe und Symbolkraft.
Moderne Sehnsucht trifft archaische Formen – Johannistag ist leuchtende Pause vom Alltag.
Übersicht: Wo brennen Johannisfeuer 2025 in Deutschland
Stadt / Region | Ort / Location | Datum & Uhrzeit | Adresse & Kontakt |
---|---|---|---|
Bayern – Tegernsee | Wallberg-Gipfel (1.722 m) – Bergfeuer | 23. Juni, ca. 21:30 Uhr | Wallbergstraße 32, 83700 Rottach-Egern wallbergbahn.de |
Bayern – Tegernsee | Neureuth Sonnwendfeier | 23. Juni, ca. 20:00 Uhr | Neureuth 1, 83684 Tegernsee – Neureuth-Wanderung |
Bayern – Bad Hindelang (Allgäu) | Talfeuer an den Alpenhängen | 23. Juni, abends | Unterer Buigenweg 2, 87541 Bad Hindelang – bad-hindelang.de |
Baden-Württemberg – Markdorf | „Hansafüratle“ Kinderumzug & Feuer | 23. Juni, ca. 19:00 Uhr | Innenstadt/Marktplatz, 88677 Markdorf – lokal ausgeschrieben |
Bayern – Wunsiedel | UNESCO-Brunnenfest mit Lichterprozession | 21.–24. Juni, ganztägig | Innenstadt Wunsiedel, 95632 – wunsiedel.de |
Niedersachsen – Oberharz | Kinderbaumfest & Johannisfeuer | 23./24. Juni, nachmittags | Ortszentren in Altenau, Clausthal-Zellerfeld – Heimatvereine |
Berlin | Johannisfeier mit Feuer (z. B. Domäne Dahlem) | 23. Juni, ab 18:00 Uhr | Königin-Luise-Str. 49, 14195 Berlin – domaene-dahlem.de |
Thüringen – Erfurt | Feuer & Fackelwanderung Steigerwald | 23. Juni, ca. 20:30 Uhr | Treffpunkt: Hauptzugang Steigerwald, 99096 Erfurt |
Rheinland-Pfalz – Eifel (z. B. Bitburg) | Hüttenbrennen & Feuerräder | 23. Juni, abends | Bitburger Höhen – lokale Sportvereine & Jugendfeuerwehren |
Sachsen – Erzgebirge | Höhenfeuer & Kräuterwanderung | 23.–24. Juni, ganztägig | z. B. Seiffen, Annaberg-Buchholz – Infos über Erzgebirgsvereine |
Der Johannistag ist nicht nur Brauchtumspflege. Er ist kollektive Erdung in einer Welt, die sich zu schnell dreht. Während andere Feiertage längst in Werbeslogans verflacht wurden, bleibt dieses Datum überraschend unvermarktet – und genau deshalb glaubwürdig.
Was heute kaum erwähnt wird: Der Johannistag war früher auch eine soziale Schwelle. Wer Schulden nicht bis zum 24. Juni beglich, verlor oft Land oder Ansehen. Wer eine neue Arbeit begann, tat es meist nach Johanni. Wer um Zukünftiges bangte, schaute in die Glut. Es ist ein Tag der Übergänge: von Licht zu Schatten, vom Planen zum Ernten, vom Kindsein zur Verantwortung. Vielleicht genau deshalb fasziniert der Johannistag auch 2025 – leise, klar, ohne App.
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