Industrielle Abwanderung: 73% der Unternehmen verlassen Standort Deutschland

Die Bundesrepublik verliert für Unternehmen mit hohem Energiebedarf zunehmend an Attraktivität als Standort. Laut der aktuellen Simon-Kucher Standortperspektiven-Studie 2025 planen fast drei Viertel der Konzerne (73 Prozent), ihre Investitionen ins Ausland zu verlagern. Diese Abwanderung betrifft 42 Prozent der Unternehmen, die ihre Produktion in andere europäische Länder verlegen, während weitere 31 Prozent sogar andere Kontinente als neuen Produktionsort wählen, berichtet Renewz.de mit Verweis auf ad-hoc-news.
Die dramatische Entwicklung spiegelt den enormen Druck wider, dem die deutsche Industrie ausgesetzt ist. Jan Hämer, Partner für Chemikalien bei Simon-Kucher, betont, dass es sich hierbei nicht um eine plötzliche Entwicklung, sondern um einen langfristigen strukturellen Trend der industriellen Abwanderung handelt. Diese Verschiebung hat klare Konsequenzen für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Nahezu alle befragten Unternehmen (97 Prozent) identifizieren die Energiepreise als den wichtigsten Standortfaktor überhaupt. Steigende Kosten verschärfen die Belastung und gefährden somit die Wettbewerbsfähigkeit von Investitionen in Deutschland. Michael Kässer, Energie-Partner bei Simon-Kucher, ergänzt, dass energieintensive Industrien vor der Wahl stehen, sich an steigende Energiepreise, strengere Regulierung und wachsende Nachhaltigkeitsanforderungen anzupassen – oder den Anschluss zu verlieren.
Besonders betroffen von dieser Entwicklung sind die Hersteller von Basischemikalien. Hämer stellt fest, dass die Produktion dieser Chemikalien in Deutschland immer unattraktiver wird. Innerhalb dieser Branche verlässt jeder dritte Betrieb (36 Prozent) den europäischen Kontinent, während von den in Europa verbleibenden Konzernen jeder Zweite (50 Prozent) in ein anderes europäisches Land wechselt. Der Experte bemerkt, dass in Deutschland deutlich mehr Unternehmen ihre Produktion verlagern als in anderen Teilen Westeuropas oder den USA, was die deutsche Chemieindustrie als deutliche Warnung an den Wirtschaftsstandort Deutschland aussendet. Neben den Preisen belasten vor allem lange Genehmigungsverfahren und regulatorische Unsicherheiten die Unternehmen. Ganze 43 Prozent der Konzerne sehen diese als größte Hürde auf dem Weg zur CO2-armen Energieerzeugung. Kässer merkt hierzu kritisch an: „Der industrielle Wandel ist unausweichlich – entscheidend ist, ob Deutschland ihn gestaltet oder ihm hinterherläuft.“
Trotz der gefühlten Steine, die den Konzernen in den Weg gelegt werden, bleibt Nachhaltigkeit ein strategischer Fixpunkt der Unternehmensführung. Daniel Hess, Senior Director bei Simon-Kucher, weiß, dass 88 Prozent der befragten europäischen Unternehmen Nachhaltigkeit als Kernstrategie bezeichnen. Allerdings bleiben Markterfolge, auch im Bereich CO2-armer Energieerzeugung, oft noch aus. Hämer unterstreicht abschließend, dass es jetzt darauf ankomme, Wettbewerbsfähigkeit, Planungssicherheit und Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen, um die industrielle Stärke Deutschlands zu sichern. Gelinge dies nicht, drohe dem Industriestandort Deutschland eine düstere Zukunft. Die Simon-Kucher Standortperspektiven-Studie wurde von Juli bis September 2025 durchgeführt und befragte 240 Unternehmen aus Europa und den USA; die Zahlen beziehen sich hauptsächlich auf die 30 teilnehmenden deutschen Konzerne.
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