Digitaler Euro gegen Stablecoins: Verzögerungen und Europas drohender Rückstand

Seit fast fünf Jahren diskutiert die Europäische Zentralbank (EZB) über die Einführung des digitalen Euro, doch konkrete Fortschritte lassen weiter auf sich warten. Ursprünglich war vorgesehen, die Entscheidung bis Herbst 2025 zu treffen, doch erneut wurde der Zeitplan verschoben. Der digitale Euro sollte Bargeld ergänzen, den Zahlungsverkehr modernisieren und Europa unabhängiger von US-Konzernen wie PayPal oder Mastercard machen. Stattdessen steht das Projekt nach wie vor in der Test- und Diskussionsphase, während Kryptowährungen und insbesondere Stablecoins ihre Position am Markt massiv ausbauen. Schon jetzt nutzen internationale Banken Stablecoins für grenzüberschreitende Transaktionen, und auch im Handel nehmen sie eine immer größere Rolle ein, berichtet Renewz unter Berufung auf cryptonews.com.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde präsentierte vergangene Woche in Frankfurt einen Fahrplan, der aber mehr Fragen als Antworten enthält. Weder ein verbindliches Startdatum noch klare Regeln wurden festgelegt. Die Finanzminister der EU-Staaten sollen über die rechtlichen Grundlagen beraten, bevor eine endgültige Entscheidung fällt. Strittig ist weiterhin das Haltelimit: Während zuvor 3.000 Euro pro Bürger im Gespräch waren, wurde nun beschlossen, dass die EZB einen Vorschlag erarbeiten soll, den die Minister bestätigen müssen. Auch die technische Seite ist ungeklärt. Im Gespräch ist eine EZB-App, mit der Zahlungen über den digitalen Euro abgewickelt werden könnten. Parallel prüft die Notenbank externe Lösungen, darunter sogar die Infrastruktur des Blockchain-Anbieters Ripple, da eigene Entwicklungen nicht schnell genug vorankommen.
Die Verzögerungen sind umso problematischer, da Stablecoins wie USDT (Tether) oder USDC (Circle) bereits weltweit im Zahlungsverkehr etabliert sind. Laut aktuellen Marktanalysen überschritt das tägliche Transaktionsvolumen führender Stablecoins zuletzt die Marke von 100 Milliarden US-Dollar, ein Vielfaches dessen, was klassische Banküberweisungen an Geschwindigkeit und Kosten bieten können. In Deutschland fordern Ökonomen und Finanzexperten daher eine schnellere Reaktion. Sie warnen, dass Europa den Anschluss verlieren könnte, wenn der digitale Euro frühestens 2029 einsatzbereit wäre. Kritiker sprechen bereits davon, dass die EU zu lange gezögert habe und private Anbieter Fakten schaffen, bevor staatliche Lösungen überhaupt starten.
Dabei begann die Debatte schon 2020, als die EZB erste Konsultationen durchführte. 2021 folgte eine umfassende Prüfungsphase, 2023 lag der erste Gesetzesentwurf auf dem Tisch. Dennoch sind bis 2025 kaum konkrete Fortschritte sichtbar. Offiziell heißt es, dass Datenschutz, Finanzstabilität und technologische Sicherheit höchste Priorität hätten. Doch die Praxis zeigt, dass politische Abstimmungen, Interessen der Mitgliedsstaaten und technische Unsicherheiten den Prozess massiv bremsen. Je länger sich die Einführung verzögert, desto stärker setzen sich Stablecoins als faktischer Standard durch.
Wenn sich der Trend fortsetzt, könnte Europa in eine Abhängigkeit von privatwirtschaftlichen Kryptowährungen geraten – mit allen Risiken für Regulierung, Verbraucherschutz und die Stabilität des Finanzsystems. Für die Bürger bleibt vorerst nur Warten. Ein schneller digitaler Euro, wie er einst angekündigt wurde, ist nicht in Sicht.
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