Wird das BMG den Versand von medizinischem Cannabis bald verbieten

Die geplanten Änderungen des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) zur Abgabe von medizinischem Cannabis stoßen auf massiven Widerstand. Im Zentrum der Kritik steht das geplante Verbot des Apothekenversands, den der ehemalige Gesundheitsminister Karl Lauterbach noch befürwortet hatte. Fachleute und Patienten befürchten, dass dadurch eine seit Jahren funktionierende Versorgungsstruktur zerstört wird. Darüber berichtet Renewz.de unter Berufung auf Heise Online.
Dr. med. Julian Wichmann, Gründer und Geschäftsführer der Bloomwell GmbH, bezeichnet den Entwurf als „Rückschritt in die analoge Steinzeit“. Seiner Ansicht nach verkennt die Politik den medizinischen Nutzen von Cannabis und setze es fälschlicherweise mit illegalen Drogen gleich. Dabei werde ignoriert, dass in der medizinischen Versorgung nur pharmazeutisch reine, kontrollierte Produkte abgegeben werden – mit Altersverifikation, ärztlicher Begleitung und klaren Qualitätsstandards.
Zahlen, die alarmieren
Eine aktuelle Befragung von Bloomwell unter rund 2.500 Patienten zeigt:
- 42 % würden bei einem Versandverbot auf illegales Cannabis ausweichen.
- 58 % wären gezwungen, ihre Therapie zu beenden oder deutlich zu erschweren.
- In ländlichen Gebieten liegt die nächste spezialisierte Cannabis-Apotheke oft mehr als 50 km entfernt.
Der Versand habe sich laut Wichmann als unverzichtbar erwiesen, um Patienten mit chronischen Schmerzen, ADHS oder anderen Indikationen schnell und zuverlässig zu versorgen.
Internationale Studien stützen die Kritik
Daten aus den USA und Kanada belegen, dass der Zugang zu medizinischem Cannabis den Konsum von Opioiden und Schlafmitteln um bis zu 80 % senken kann. In Deutschland sind dagegen rund zwei Millionen Menschen abhängig von Schlafmitteln – ein Problem, das durch Cannabistherapie potenziell gemildert werden könnte.
Gefahr für die Telemedizin
Neben dem Versandverbot könnte auch die telemedizinische Verschreibung eingeschränkt werden. Für viele Patienten, insbesondere mit Mobilitätseinschränkungen oder in strukturschwachen Regionen, ist die Videosprechstunde oft die einzige realistische Möglichkeit, eine Cannabistherapie zu beginnen oder fortzusetzen.
„Das ist ein Lehrbuchbeispiel für funktionierende digitale Versorgung – und genau diese will man nun abschaffen“, so Wichmann. Laut einer internen Analyse von Bloomwell sind weniger als 5 % der Hausärzte in Deutschland bereit, Cannabis zu verschreiben. Ohne Telemedizin droht vielen Patienten eine „ärztliche Odyssee“ oder der Gang zum Schwarzmarkt.
Politischer Hintergrund
Ursprünglich sollte die Regierung die laufende Evaluation der Cannabisgesetze abwarten, bevor über Anpassungen entschieden wird. Der jetzige Vorstoß kommt jedoch, bevor belastbare Daten vorliegen. Kritiker werfen dem BMG vor, mit pauschalen Missbrauchsargumenten zu arbeiten, ohne diese mit wissenschaftlichen Zahlen zu belegen.
Forderungen der Branche
Anbieter wie Bloomwell fordern:
- Erhalt des Apothekenversands für medizinisches Cannabis
- Schutz und Ausbau der Telemedizin
- Entscheidungen auf Basis aktueller wissenschaftlicher Daten
- Besseren Einbezug von Patientenerfahrungen in Gesetzgebungsprozesse
Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Debatte um den Versand von medizinischem Cannabis weit über eine technische Detailfrage hinausgeht. Es geht um den Zugang zu einer nachweislich wirksamen Therapie, um die Lebensqualität tausender Patienten und um die Frage, ob moderne Versorgungswege wie Telemedizin in Deutschland gefördert oder blockiert werden. Die kommenden politischen Entscheidungen werden darüber bestimmen, ob Patienten weiterhin zeitgemäß und flächendeckend behandelt werden können – oder ob sie künftig auf längere Wege, Wartezeiten und unsichere Alternativen ausweichen müssen.
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