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Warum negative Erinnerungen länger im Gedächtnis bleiben als positive – erklärt vom Psychiater

Warum negative Erinnerungen länger im Gedächtnis bleiben als positive – erklärt vom Psychiater

September 12, 2025
James Whitmore
Negative Erinnerungen bleiben länger im Gedächtnis, erklärt ein Psychiater. Erfahren Sie Ursachen, Schutzmechanismen und Tipps, wie positive Erlebnisse bewusster gespeichert werden.

Negative Erinnerungen prägen sich oft tiefer ein als glückliche Momente. Jeder kennt die Situation: ein Streit im Freundeskreis, ein Verrat oder ein Unfall verfolgen uns jahrelang, während das Gefühl eines schönen Urlaubs oder einer gelungenen Feier rasch verblasst. Psychiater und Neurowissenschaftler erklären dieses Phänomen mit biologisch festgelegten Mechanismen, die unsere Psyche schützen sollen. Diese Mechanismen stammen noch aus der Urgeschichte des Menschen, als das Erinnern von Gefahren überlebenswichtig war. Heute zeigt sich derselbe Effekt im sozialen, familiären und wirtschaftlichen Alltag. Über die Ursachen dieses Gedächtnisverhaltens berichtet ausführlich die Redaktion von Renewz.de.

Negative emotionen und ihr einfluss auf das gehirn

Wenn Menschen über negative Erfahrungen sprechen, werden bestimmte Gehirnareale besonders stark aktiviert. Studien zeigen, dass die Amygdala – das „Gefahrenzentrum“ im Gehirn – auf Stress, Angst und Bedrohung viel intensiver reagiert als auf Freude oder Zufriedenheit. Dies führt dazu, dass Ereignisse mit hoher emotionaler Belastung eher in das Langzeitgedächtnis übertragen werden. Ein Beispiel: ein schwerer Verkehrsunfall wird oft ein Leben lang erinnert, während alltägliche Glücksmomente nach wenigen Monaten verblassen. Psychiater Boris Michailow vergleicht dies mit Dantes Göttlicher Komödie: Die Beschreibung der Hölle bleibt eindringlicher im Gedächtnis als die Schilderung des Himmels, weil sie emotional aufwühlender ist.

Typische Auslöser für langanhaltende negative Erinnerungen:

  • Unfälle oder Naturkatastrophen
  • Verlust eines nahestehenden Menschen
  • Verrat oder Untreue in Beziehungen
  • Öffentliche Demütigungen
  • Körperliche Gewalt oder Bedrohung

Warum das gehirn schmerz speichert und freude vergisst

Das menschliche Gehirn „kodiert“ Emotionen unterschiedlich stark. Positive Erlebnisse benötigen oft wiederholte Stimulation, damit sie langfristig gespeichert werden. Ein Jahrestag einer glücklichen Ehe etwa verliert emotional an Intensität, während das ursprüngliche Hochzeitserlebnis einprägsam bleibt. Negative Erfahrungen hingegen hinterlassen einen einmaligen, aber tiefen Abdruck. Forscher betonen, dass dies nicht an einer pessimistischen Persönlichkeit liegt, sondern ein universelles biologisches Muster ist.

Vergleich von Erinnerungsarten:

ErlebnisartWahrscheinlichkeit für LangzeitspeicherungTypische Dauer im GedächtnisBeispiele
Stark negative EreignisseSehr hochJahrzehnteUnfall, Verrat, Verlust
Stark positive EreignisseMittel bis hochJahreGeburt eines Kindes, Hochzeit
Alltäglich positive ErlebnisseGeringWochen bis Monateschönes Wetter, Kompliment
Alltäglich neutrale EreignisseSehr geringStunden bis TageRoutine, Einkaufen

Schutzmechanismus der evolution

Die Fähigkeit, Gefahren besser im Gedächtnis zu behalten, hatte für unsere Vorfahren existenzielle Bedeutung. Wer sich daran erinnerte, wo Raubtiere lauerten oder giftige Pflanzen wuchsen, hatte bessere Überlebenschancen. Positive Erfahrungen – wie das Finden süßer Früchte – waren zwar angenehm, schützten aber nicht vor Lebensgefahr. Heute zeigt sich derselbe Mechanismus in Beziehungen oder am Arbeitsplatz: Ein verletzender Kommentar oder ein Konflikt im Team bleibt länger präsent als ein Lob. Dieser Schutzmechanismus soll uns helfen, zukünftige Risiken zu vermeiden und vorsichtiger zu handeln.

Historische Beispiele für Gedächtnisprägung:

  • Jäger, die Angriffe von Tieren überlebten, erinnerten sich an Ort und Zeit.
  • Völker entwickelten Mythen über Katastrophen, die über Generationen tradiert wurden.
  • Kriege und Hungersnöte sind oft detaillierter in Chroniken überliefert als Zeiten des Friedens.

Soziale und psychologische konsequenzen

Negative Erinnerungen haben nicht nur biologische Ursachen, sondern auch gesellschaftliche Auswirkungen. Menschen neigen dazu, in Gesprächen über Probleme ausführlicher zu berichten als über Erfolge. Diese Fokussierung kann zur Verstärkung von Konflikten führen. In Beziehungen überlagern verletzende Erlebnisse die schönen Momente, was oft der Grund für Trennungen ist. In den sozialen Medien zeigt sich ein ähnliches Muster: Negative Nachrichten verbreiten sich schneller, da sie stärkere emotionale Reaktionen hervorrufen.

Folgen für den Alltag:

  • Höhere Anfälligkeit für Stress und Burn-out
  • Langfristige Beziehungsprobleme
  • Verstärkter Einfluss von Fake News und Panikmache
  • Größere Wirkung von Kritik im Vergleich zu Lob

Wie man mit negativen erinnerungen umgehen kann

Auch wenn negative Erlebnisse tief sitzen, gibt es Strategien, um mit ihnen besser umzugehen. Psychotherapeuten empfehlen Methoden, die das Gewicht positiver Erinnerungen im Gedächtnis erhöhen. Dazu gehören bewusstes Reflektieren, Dankbarkeitstagebücher und Achtsamkeitstraining. Neurowissenschaftler haben nachgewiesen, dass wiederholtes Abrufen positiver Erlebnisse die neuronalen Bahnen im Gehirn stärkt. Ebenso wichtig ist es, Stressfaktoren im Alltag zu reduzieren, um das „Überschreiben“ negativer Eindrücke zu fördern.

Empfohlene Strategien:

  • Führen eines Dankbarkeitstagebuchs mit täglichen positiven Notizen
  • Wiederholung und bewusste Erinnerung an schöne Momente
  • Achtsamkeitstraining und Meditation
  • Körperliche Aktivität zur Stressreduktion
  • Gespräche mit Freunden oder Psychologen

Tipps aus der praxis von experten

Psychiater wie Boris Michailow betonen, dass Gedächtnisarbeit Teil der modernen Psychotherapie ist. Patienten werden ermutigt, alte Verletzungen bewusst zu reflektieren, statt sie zu verdrängen. Besonders wirksam ist die Kombination aus Gesprächstherapie und kognitivem Training. Auch Kunst- und Musiktherapie helfen, belastende Erinnerungen in positive Erfahrungen umzuwandeln. In Deutschland bieten viele Kliniken Programme zur Gedächtnis- und Traumatherapie an, deren Kosten teilweise von Krankenkassen übernommen werden.

Mögliche Therapieformen in Deutschland:

  • Verhaltenstherapie (ca. 80–120 € pro Sitzung, oft von Kassen gedeckt)
  • EMDR-Therapie gegen Traumata
  • Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion (MBSR-Kurse)
  • Kunst- und Musiktherapie in Kliniken

Warum positive erinnerungen dennoch wichtig bleiben

Auch wenn negative Ereignisse dominieren, dürfen positive Erfahrungen nicht unterschätzt werden. Sie sind essenziell für die psychische Resilienz. Glückliche Momente – etwa Geburt eines Kindes oder Erfolge im Beruf – schaffen eine Balance zu den negativen Eindrücken. Neuere Studien belegen, dass Menschen mit bewusst kultivierten positiven Erinnerungen weniger anfällig für Depressionen sind. Gesellschaftlich gesehen wirken Feste, Rituale und gemeinsame Feiern wie kollektive Gedächtnisanker, die Glückserlebnisse stabilisieren.

Beispiele für bewusst geförderte positive Erinnerungen:

  • Familienfeste mit Ritualcharakter (z. B. Weihnachten, Geburtstage)
  • Jubiläen und öffentliche Gedenktage
  • Persönliche Erfolge wie Sportwettkämpfe oder bestandene Prüfungen

Negative Erinnerungen haben eine besondere Kraft: Sie prägen sich tiefer ein, beeinflussen unser Verhalten und dienen als Warnsignal, um Fehler in Zukunft zu vermeiden. Doch diese Dominanz darf uns nicht die Freude am Leben nehmen. Entscheidend ist, positive Ereignisse bewusst zu verankern und Dankbarkeit zu kultivieren. Fachleute betonen, dass das Gehirn „umtrainiert“ werden kann, sodass auch glückliche Momente denselben Stellenwert erhalten wie belastende Erfahrungen. Damit wird der Schutzmechanismus des Gedächtnisses nicht nur zu einem Instrument des Überlebens, sondern auch zu einer Grundlage innerer Stärke und seelischer Balance.

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