Milliarden-Paket für Bevölkerungsschutz: Deutschland plant größte Aufrüstung seit Jahrzehnten

Deutschland steht vor einem umfassenden Umbau seines Katastrophenschutzes. Angesichts wachsender Bedrohungen durch Naturkatastrophen, internationale Konflikte wie den Krieg in der Ukraine sowie die Gefahr von Angriffen auf kritische Infrastrukturen will das Innenministerium unter Alexander Dobrindt (CSU) bis 2029 rund zehn Milliarden Euro investieren. Das Vorhaben gilt als die größte Modernisierung in diesem Bereich seit mehreren Jahrzehnten und umfasst den Ausbau von Warnsystemen, die Schaffung neuer Schutzräume und die Anschaffung moderner Einsatzfahrzeuge. Darüber berichtet Renewz unter Berufung auf fnp.de.
Im Zentrum des Programms steht ein „Pakt für den Bevölkerungsschutz“. Geplant ist die flächendeckende Rückkehr von Sirenen, der massive Ausbau digitaler Warnsysteme sowie die deutliche Erhöhung der Zahl einsatzfähiger Schutzräume. Auch eine Großbestellung neuer Fahrzeuge für Rettungsdienste und Katastropheneinheiten ist Teil des Plans. Damit soll die Krisenresilienz Deutschlands entscheidend gestärkt werden.
Für das Vorhaben sind jährlich bis zu 900 Millionen Euro zusätzlich eingeplant. Mit diesen Mitteln sollen Sirenen neu installiert, Cell-Broadcast-Systeme für Mobiltelefone verbessert und bestehende Schutzräume in Tiefgaragen, U-Bahnhöfen oder öffentlichen Kellern modernisiert werden. Diese sollen im Ernstfall als Zufluchtsorte dienen können. Zudem plant das Innenministerium die Anschaffung von rund 1.500 neuen Fahrzeugen – vom Löschfahrzeug über Krankentransporter bis hin zu mobilen Kommandozentralen. Die Zusammenarbeit zwischen Hilfsorganisationen, Technischem Hilfswerk (THW), Rettungsdiensten und Bundeswehr soll künftig durch gemeinsame Übungen intensiviert werden. Auch die digitale Krisenkommunikation zwischen den Einsatzkräften wird verbessert.
Die Notwendigkeit ist offenkundig: Aktuell gibt es in Deutschland lediglich 579 öffentliche Schutzräume mit einer Gesamtkapazität für 480.000 Menschen. Nach Ende des Kalten Krieges wurden zahlreiche Bunker stillgelegt und tausende Sirenen abgebaut. Angesichts internationaler Spannungen, der Bedrohung durch Extremismus und hybrider Angriffe soll nun gegengesteuert werden. Der Präsident des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Ralph Tiesler, hatte bereits im Sommer betont: „Neue Bunkeranlagen mit einem sehr hohen Schutzanspruch kosten viel Geld und Zeit.“ Denkbar sei daher, bestehende Infrastrukturen wie Tunnel oder Tiefgaragen mit Feldbetten, Nahrungsmitteln und Sanitäranlagen auszustatten. Wegweiser und Apps sollen künftig den Zugang erleichtern.
Zugleich wird diskutiert, wie Kommunen und private Eigentümer stärker in den Ausbau einbezogen werden können. Viele Städte verfügen über ungenutzte Bauwerke, die mit vergleichsweise geringem Aufwand als Notunterkünfte ertüchtigt werden könnten. Auch private Keller und Tiefgaragen könnten künftig Teil der Schutzstrategie werden.
Die Dringlichkeit verdeutlicht der bundesweite Warntag am 12. September 2025. An diesem Tag werden um 11:00 Uhr alle Warnsysteme gleichzeitig ausgelöst – von Sirenen über Rundfunkmeldungen bis zu Apps wie NINA oder Katwarn. Cell-Broadcast-Nachrichten erreichen zudem alle angeschlossenen Mobiltelefone. Getestet werden die beiden zentralen Signale: ein auf- und abschwellender Heulton als Warnung vor Gefahren und ein einminütiger Dauerton als Entwarnung. Ziel ist es, sowohl die Technik zu überprüfen als auch die Bevölkerung für das richtige Verhalten in Krisensituationen zu sensibilisieren.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) unterstützt die Pläne des Innenministers ausdrücklich. Bei einem Besuch der Luftrettung hob er die Arbeit von Hilfsorganisationen hervor: „Hier zeigt sich Deutschland von seiner allerbesten Seite. Wir setzen dabei Standards.“ Darüber hinaus verwies Merz auf den neu eingerichteten Nationalen Sicherheitsrat, in dem Bund, Länder, Kommunen und Blaulichtorganisationen künftig zentral koordiniert zusammenarbeiten sollen. Kritiker warnen jedoch, dass die ambitionierten Pläne an Fachkräftemangel und zeitlichen Engpässen scheitern könnten.
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