Vatikan unter Spannung – zweiter Tag des Konklaves, erneut schwarzer Rauch

Der Himmel über Rom war heute klar – doch über der Sixtinischen Kapelle stieg am Mittag erneut schwarzer Rauch auf. Zum zweiten Mal in Folge, am zweiten Tag des Konklaves, sendete der Schornstein ein Zeichen, das Gläubige auf der ganzen Welt enttäuscht zurücklässt: Die Wahl eines neuen Papstes ist erneut gescheitert. Das bestätigte die Live-Übertragung aus dem Vatikan – berichtet Rеnewz.de.
Der Petersplatz war wieder gefüllt, wie in den Tagen großer Geschichte. Tausende verfolgten das Ritual mit erhobenen Blicken. Touristen, Kamerateams, Pilger – und ein Moment, auf den alle warteten. Um Punkt 12:00 Uhr verließ der Rauch die Kupferhaube – dunkel, dicht, endgültig. Die Entscheidung ist vertagt.
Ein streng gehütetes Ritual, das alles andere als Routine ist
In der Sixtinischen Kapelle, dort, wo Michelangelos Fresken seit Jahrhunderten auf die Ewigkeit deuten, vollzieht sich eines der verschlossensten, zugleich symbolträchtigsten Ereignisse der modernen Welt: die Papstwahl.
Bereits am 7. Mai, dem ersten Tag des Konklaves, waren die Erwartungen hoch. Der erste Wahlgang sollte bereits Klarheit bringen – doch am späten Abend, um 21:52 Uhr, stieg zum ersten Mal schwarzer Rauch aus dem Kamin. Der erste Durchgang war gescheitert. 133 Kardinäle aus allen Kontinenten hatten abgestimmt – aber kein Name erhielt die notwendige Zweidrittelmehrheit.

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Was von außen wie ein klarer Akt wirkt – eine Wahl, ein Ergebnis – ist in Wahrheit ein geistiger und politischer Prozess. Gespräche, Gebete, Spannungen. Und das alles hinter verschlossenen Türen.
Der zweite Tag: Zwei Stimmen, keine Entscheidung
Heute, am zweiten Tag, standen zwei weitere Wahlgänge an. Die erste Runde um 10:30 Uhr, die zweite um 12:00 Uhr. Beide Male: kein weißer Rauch.
Der Nachmittag bringt zwei weitere Chancen – um 17:30 und 19:00 Uhr. Ob der Name des neuen Pontifex dann endlich feststeht, bleibt offen. Doch die Augen der Welt bleiben auf ein einziges Detail gerichtet: ein dünner Schornstein über dem Dach der Sixtinischen Kapelle.

Chemie und Symbolik: Wie aus Rauch ein Weltzeichen wird
Der Rauch, so unscheinbar er scheinen mag, ist ein exakt inszeniertes Zeichen. Zwei Öfen im Inneren der Kapelle sorgen für das Farbsignal:
- Einer für die Verbrennung der Stimmzettel,
- der andere für die Mischung aus chemischen Substanzen, die Farbe und Konsistenz des Rauchs steuern.
Schwarzer Rauch entsteht durch Schwefel, Anthracen und Kaliumperchlorat – bei Nichtwahl.
Weißer Rauch, das ersehnte Zeichen, durch Laktose, Baumharz und Kaliumchlorat.
Seit 2005 ertönt bei erfolgreicher Wahl auch Glockengeläut – um letzte Zweifel auszuräumen. Die Inszenierung ist präzise – und notwendig in einer globalisierten Medienwelt, in der jedes Bild binnen Sekunden viral wird.
Zwischen Weltpolitik und Spiritualität: Wer sind die Favoriten
Die Kardinäle wählen im Geheimen – doch die Gerüchteküche außerhalb des Vatikans brodelt. Aktuell gelten drei Männer als aussichtsreich:
- Pietro Parolin, 70, Italien – vatikanischer Staatssekretär, verwurzelt im Apparat, mit diplomatischer Erfahrung.
- Pierbattista Pizzaballa, 60, Italien – Patriarch von Jerusalem, charismatisch, Brückenbauer zwischen Kulturen.
- Pablo Virgilio David, 65, Philippinen – sozial engagiert, progressiv, starker Kandidat aus Asien.
Lange galt auch Luis Antonio Tagle als Hoffnungsträger, doch sein Einfluss scheint zu schwinden. Die tektonischen Platten der katholischen Macht verschieben sich – weg von Europa, hin zu einer weltumspannenden Kirche mit neuen Zentren.
Papst Franziskus: Ein Erbe, das verpflichtet
Die Entscheidung fällt im Schatten einer großen Figur. Papst Franziskus, verstorben am 21. April 2025, hatte die Kirche verändert – mit Demut, Klarheit und globalem Blick. Seine letzten Monate waren geprägt von Krankheit: eine schwere Lungenentzündung, künstliche Beatmung, Bluttransfusionen.
Er starb an den Folgen eines Schlaganfalls und irreversiblen Herzversagens – und wurde am 26. April, wie von ihm gewünscht, außerhalb des Vatikan bestattet. Ein bescheidener Abschied eines Pontifex, der nie Macht, sondern Nähe suchte.
Ein neuer Papst für eine veränderte Welt
Was muss der nächste Papst mitbringen? Kardinalsdekan Giovanni Battista Re sagt es mit ernster Stimme:
„Die Welt ist technisiert – aber geistig erschöpft. Es braucht einen Papst, der nicht nur verwaltet, sondern weckt.“
Die Worte des 91-Jährigen sind Mahnung und Richtung zugleich. Die Entscheidung, wer Franziskus nachfolgt, ist keine interne Formalie – sie hat globale Bedeutung. Für über 1,3 Milliarden Gläubige, aber auch für die politische Bühne.
Ein Blick auf die Kardinäle: Vielfalt unter dem Dach der Kapelle
Der jüngste stimmberechtigte Kardinal ist Mykola Bychok, 45 Jahre, geboren in der Westukraine, derzeit Erzbischof in Melbourne, Australien. Er steht für eine Kirche, die sich nicht mehr allein in Europa verortet.
Die Verteilung der 133 Wahlberechtigten
- Europa: 52
- Asien: 23
- Lateinamerika: 21
- Afrika: 17
- Nordamerika: 16
- Ozeanien: 4
Historie und Realität: Wie lange kann das dauern
Konklaven sind nicht vorhersehbar. Im 13. Jahrhundert dauerte die Papstwahl fast drei Jahre. Heute ist das undenkbar. Moderne Regeln begrenzen die Länge, doch nach zwei Tagen ohne Ergebnis stellt sich die Frage: Wird es noch heute Abend weißer Rauch geben – oder erst am Wochenende?
Der Schornstein bleibt Symbol der Hoffnung
Die Kameraobjektive bleiben auf ihn gerichtet. Menschen auf dem Platz schauen schweigend hinauf. Der Rauch ist mehr als Rauch. Er ist Erwartung, Unsicherheit, Gebet und Geduld – verdichtet zu einer einzigen Farbe.
Heute um 17:30 Uhr folgt der nächste Wahlgang. Um 19:00 Uhr das nächste mögliche Signal. Die Kirche wartet. Die Welt wartet. Der Himmel auch.
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