Was feiern wir am Gründonnerstag und was sollte man am Gründonnerstag nicht tun

Der Gründonnerstag gilt im christlichen Kalender als Schwellenmoment zwischen Alltag und Passion – ein Tag, an dem sich Liturgie, Brauchtum und inneres Innehalten vereinen. Für viele Deutsche bleibt er im Schatten des Karfreitags, obwohl er sowohl religiös als auch kulturell von hoher Bedeutung ist.
In katholisch geprägten Regionen Süddeutschlands sind die Kirchen gefüllt, es werden bittere Kräuter gegessen, Glocken verstummen und ganze Gemeinden versammeln sich zu nächtlichen Anbetungen. Im protestantischen Norden hingegen herrscht oft Zurückhaltung – und doch findet auch dort das letzte Abendmahl liturgischen Ausdruck.
Dieser Tag ist durchwoben von Symbolen: Reinheit, Demut, Abschied und Vorbereitung. Viele alte Regeln, die das Verhalten an diesem Tag betreffen – etwa das Verbot, Wäsche zu waschen oder Fleisch zu essen – wirken wie aus der Zeit gefallen, haben aber auch heute noch eine leise, aber deutliche Bedeutung.
Was also genau feiern Christen am Gründonnerstag? Welche Rituale werden gepflegt – und was sollte man lieber unterlassen? Diese Analyse bietet Einblicke in Ursprung, Entwicklung, heutige Praxis und regionale Vielfalt eines der am meisten unterschätzten Feiertage Deutschlands.
Die religiöse Bedeutung des Gründonnerstags
Ursprung und symbolische Kraft des letzten Abendmahls
Im Zentrum des Gründonnerstags steht das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern. Dieses Mahl fand am Vorabend seiner Kreuzigung statt – ein Abschied voller Intimität und Ankündigung. Jesus teilt Brot und Wein, deutet auf seinen bevorstehenden Tod und gibt seinen Jüngern einen Auftrag: Tut dies zu meinem Gedächtnis.
Diese Szene ist die biblische Grundlage für das Sakrament der Eucharistie, das in jeder katholischen und vielen evangelischen Messen gefeiert wird. Liturgisch gesehen beginnt mit dem Gründonnerstag das sogenannte Triduum Sacrum – die drei heiligen Tage bis zur Auferstehung.
Woher kommt der Name „Gründonnerstag“
Der Begriff „Gründonnerstag“ hat nichts mit der Farbe Grün im modernen Sinn zu tun. Sprachgeschichtlich leitet er sich vermutlich vom mittelhochdeutschen „grînen“ ab – weinen, klagen. Der Tag war früher der Termin der öffentlichen Buße.
In ländlichen Regionen Deutschlands hingegen hält sich bis heute die Überzeugung, man solle an diesem Tag grünes Gemüse oder Kräuter essen – nicht aus Buße, sondern zur Reinigung und als Zeichen des Lebens. In Klosterküchen werden oft traditionelle Gerichte wie „Neun-Kräuter-Suppe“ serviert, bestehend aus Bärlauch, Brennnessel, Petersilie, Schnittlauch, Sauerampfer und weiteren Frühlingskräutern.
Bräuche, Liturgien und symbolische Handlungen
Die Fußwaschung – ein Akt der Demut
In katholischen Messen gehört die Fußwaschung zu den zentralen Ritualen am Gründonnerstag. Der Priester wäscht zwölf Gemeindemitgliedern die Füße – in Anlehnung an die Geste Jesu, der seinen Jüngern vor dem Mahl die Füße wusch.
Diese Handlung symbolisiert Demut, Dienstbereitschaft und Menschlichkeit – Werte, die im Zentrum der österlichen Botschaft stehen. Auch Papst Franziskus hat diesen Brauch mit neuem Leben gefüllt, indem er regelmäßig Menschen außerhalb der Kirche – etwa Gefängnisinsassen – die Füße wäscht.
Glocken schweigen – ein hörbares Zeichen der Stille
Nach dem Gloria im Gründonnerstagsgottesdienst verstummen in vielen Kirchen die Glocken. Stattdessen hört man in manchen Regionen hölzerne Ratschen – ein altes Brauchtum, das die Kinder auf dem Land weitertragen. Diese Stille bleibt bis zur Osternacht bestehen und betont die besondere Schwere der Passionstage.
Anbetung in der Nacht – das „Ölberggebet“
Nach dem Abendmahl zieht sich Jesus in der biblischen Überlieferung in den Garten Gethsemane zurück. Dort betet er in Todesangst. In vielen Kirchen wird dies durch nächtliche Anbetungsstunden nachgebildet. Das „Ölberggebet“ lädt Gläubige ein, in der Kirche zu verweilen, zu beten und sich auf Karfreitag innerlich vorzubereiten.
Was man am Gründonnerstag besser nicht tun sollte
Verbotene Tätigkeiten – Volksglaube oder christliche Ethik
In vielen katholisch geprägten Regionen Deutschlands, etwa in Bayern oder Teilen von Rheinland-Pfalz, gelten am Gründonnerstag sogenannte „stille Regeln“:
- keine laute Musik
- kein Tanz oder öffentliche Feiern
- kein Wäschewaschen am Abend
- kein Fleischverzehr
Auch wenn viele dieser Vorschriften rechtlich nicht verbindlich sind, empfinden viele Menschen es als respektlos, sich darüber hinwegzusetzen. Kirchenrechtlich ist der Fleischverzicht an diesem Tag nicht zwingend, wird aber weiterhin freiwillig praktiziert.
Warum kein Fleisch
Der Verzicht auf Fleisch am Gründonnerstag ist Teil der Fastenpraxis. Gläubige sehen dies als bewussten Akt der Reduktion und Besinnung. Stattdessen stehen Fischgerichte, Eierspeisen oder Kräutergerichte auf dem Speiseplan.
Kein Wäschewaschen – abergläubischer Brauch
In manchen Gegenden wird das Waschen von Wäsche oder das Kehren des Hauses am Abend des Gründonnerstags vermieden. Der Volksglaube sagt: Wer an diesem Abend Wäsche aufhängt, beschwört Unglück herauf. Manche führen diesen Brauch auf die Vorstellung zurück, dass Jesus in dieser Nacht gefangen genommen wurde – und Lärm, Wasser oder Aufregung die Ruhe stören könnten.
Gründonnerstag im modernen Deutschland
In Schulen, Kitas und Unternehmen
Da es sich nicht um einen gesetzlichen Feiertag handelt, ist Gründonnerstag ein normaler Arbeitstag. Dennoch nutzen viele Gemeinden den Abend für besondere Gottesdienste. In Schulen und Kitas wird der Tag oft genutzt, um Osterbräuche zu thematisieren oder Bastelaktionen durchzuführen. In katholischen Schulen finden oft Gottesdienste am Vormittag statt.
In der Gastronomie und im Handel
In ländlichen Regionen mit starker kirchlicher Prägung servieren Restaurants spezielle Gründonnerstagsgerichte – oft vegetarisch, mit regionalen Kräutern. Kräuterbutter, Gründonnerstagssuppe oder Eiergerichte mit Wildkräutern gehören zur Speisekarte.
Supermärkte werben vermehrt mit frischen Kräutern, Spinat und „grünen Angeboten“. Obwohl der religiöse Hintergrund für viele nicht mehr im Zentrum steht, bleibt die Verbindung zwischen Essen, Frühling und Reinigung bestehen.
Regionale Besonderheiten und Unterschiede
Süddeutschland: gelebte Liturgie
In Bayern, Baden-Württemberg oder Teilen von Österreich ist der Gründonnerstag fest im kirchlichen Jahreslauf verankert. Kirchen sind gut besucht, die Fußwaschung wird feierlich zelebriert. In Klöstern und ländlichen Gemeinden wird der Tag wie ein stiller Feiertag begangen.
Norddeutschland: nüchterner Umgang
Im Norden Deutschlands steht der Gründonnerstag oft weniger im Mittelpunkt. Die protestantische Tradition legt den Fokus stärker auf Karfreitag und Ostern. Dennoch wird auch hier das Abendmahl gefeiert – oft in Form eines schlichten, aber würdevollen Gottesdienstes.
Rheinland und Moselregion: kulinarische Eigenheiten
In Weinbaugebieten wie der Mosel werden an Gründonnerstag spezielle Kräuterweine gereicht. In einigen Dörfern kennt man den Brauch, „grünes Bier“ zu trinken – Bier mit Kräuterextrakten oder färbenden Zutaten, das symbolisch für Frische und Leben stehen soll.
Ein Tag der Stille mit zeitloser Botschaft
Der Gründonnerstag ist mehr als ein Vorspiel zum Karfreitag. Er erinnert an Werte, die heute aktueller sind denn je: Demut, Gemeinschaft, Hingabe. In einer lauten und oft hektischen Welt schenkt uns dieser Tag einen Moment der inneren Sammlung.
Ob durch den Besuch eines Gottesdienstes, eine einfache Mahlzeit mit Kräutern oder eine stille Stunde zu Hause – wer sich auf die Traditionen des Gründonnerstags einlässt, wird erleben, wie zeitlos die Botschaften dieses Tages sind.
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