Das Ende der Anonymität? So funktioniert der Krypto-Informationsaustausch

Der CARF-Standard (Crypto-Asset Reporting Framework) der OECD markiert einen tiefgreifenden Wendepunkt in der Besteuerung digitaler Vermögenswerte und zielt auf globale Steuertransparenz ab. Dieses neue Rahmenwerk, entwickelt von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), schafft die Grundlage für den automatischen Informationsaustausch über Krypto-Transaktionen zwischen den teilnehmenden Staaten. Mit der rasanten Verbreitung von Krypto-Assets wie Bitcoin und Ethereum sah sich die internationale Gemeinschaft mit einer wachsenden Lücke in der Steuerehrlichkeit konfrontiert, da grenzüberschreitende Transaktionen oft ungemeldet blieben.Die Einführung von CARF soll nun gewährleisten, dass Finanzämter weltweit vollständige Einblicke in die Kapitalbewegungen ihrer Bürger im Krypto-Sektor erhalten.Wie die Redaktion von Renewz.de berichtet.
Was ist CARF? Definition und die Notwendigkeit der Krypto-Besteuerung
Der von der OECD entworfene CARF-Standard ist eine umfassende Antwort auf die Herausforderungen, die dezentrale und grenzüberschreitende Krypto-Assets für traditionelle Steuersysteme darstellen. Er definiert präzise, welche Krypto-Assets meldepflichtig sind, wobei dies von einfachen Coins bis hin zu bestimmten Non-Fungible Tokens (NFTs) reicht, sofern sie für Zahlungen oder Investitionen genutzt werden können. Die Notwendigkeit dieser Regulierung ergibt sich aus dem anonymen Charakter vieler Krypto-Transaktionen, welche die Identifizierung des tatsächlichen Steuerschuldners erschweren. Ziel ist es, die gleichen Transparenzstandards, die bereits im traditionellen Bankwesen durch den Gemeinsamen Meldestandard (CRS) etabliert sind, nun auf den digitalen Vermögensbereich auszuweiten. Die OECD reagiert damit direkt auf die Forderung der G20-Staaten, eine robuste und global anwendbare Lösung zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung zu schaffen. CARF setzt voraus, dass Krypto-Dienstleister die Identität ihrer Nutzer genau überprüfen und deren Transaktionsdaten erfassen.
Die Einführung von CARF soll eine faire und konsistente Besteuerung von Krypto-Einkommen in den teilnehmenden Jurisdiktionen ermöglichen. Die steigende Akzeptanz von Krypto-Assets hat die Komplexität der Steuererklärung für private Anleger und Unternehmen gleichermaßen erhöht, was oft zu unbeabsichtigten Fehlern führt. Ohne einheitliche globale Regeln entziehen sich Vermögenswerte leicht der nationalen Besteuerung, indem sie über Börsen in Ländern mit geringer Regulierung gehandelt werden. CARF etabliert somit ein verpflichtendes Regelwerk für die Erfassung und Meldung von relevanten Daten durch die sogenannten Crypto-Asset Service Provider (CASPs).

Der Mechanismus: Wie der automatische Informationsaustausch funktioniert
Der Kern des automatischen Informationsaustauschs unter CARF liegt in der zentralisierten Meldung relevanter Transaktionen durch die verpflichteten Krypto-Dienstleister an die jeweiligen Steuerbehörden. Das Rahmenwerk verlangt von CASPs, die sogenannten meldepflichtigen Crypto-Assets und ihre Brutto-Erträge aus Umtausch- oder Verkaufstransaktionen zu erfassen. Diese Berichtspflicht erstreckt sich auf Transaktionen zwischen Krypto-Assets, Fiat-Währungen und auch auf Derivate, die auf diesen Assets basieren. Die CASPs müssen zunächst ihre Kunden identifizieren und feststellen, in welchem Land diese steuerlich ansässig sind, ein Prozess, der dem Know-Your-Customer (KYC)-Standard ähnelt. Die erfassten Daten werden dann von den nationalen Steuerbehörden der meldenden Jurisdiktion gesammelt. Über die Centralised Shared Service (CSS)-Infrastruktur werden diese Informationen schließlich automatisch an die Steuerbehörden derjenigen Länder übermittelt, in denen die Kunden ihren steuerlichen Wohnsitz haben.
Dieser Prozess stellt sicher, dass grenzüberschreitende Bewegungen von Krypto-Vermögen nicht unbemerkt bleiben, was die Wirksamkeit der nationalen Steuergesetze deutlich erhöht. Die Definition der berichtspflichtigen Transaktionen ist dabei sehr breit gefasst, um Schlupflöcher zu vermeiden und alle relevanten Kapitalgewinne zu erfassen. Die Meldung erfolgt jährlich für das vorangegangene Kalenderjahr. Der automatische Austausch dieser sensiblen Daten zwischen Ländern erfordert ein hohes Maß an Vertrauen und strenge Vorschriften zum Datenschutz. Die OECD hat dazu detaillierte technische Leitlinien zur Datenübermittlung entwickelt, die eine sichere und standardisierte Kommunikation gewährleisten sollen.
Der CARF-Mechanismus stützt sich auf folgende zentrale Säulen zur Gewährleistung der Steuertransparenz:
- Identifikation der Nutzer: CASPs müssen die Steueransässigkeit ihrer Kunden ermitteln und verifizieren.
- Meldepflichtige Assets: Die meisten Krypto-Assets, inklusive NFTs mit Zahlungs- oder Investmentfunktion, sind erfasst.
- Brutto-Erträge: Gemeldet werden die Brutto-Erlöse aus dem Verkauf und Tausch von Crypto-Assets.
- Jährliche Meldung: Die Daten werden einmal jährlich von den CASPs an die lokalen Steuerbehörden übermittelt.
- Automatischer Austausch: Übermittlung der Daten an die Steuerbehörden der steuerlichen Ansässigkeitsstaaten.
Auswirkungen auf Anleger und Dienstleister: Compliance-Pflichten und Herausforderungen
Die Einführung des CARF-Standards stellt sowohl für Krypto-Anleger als auch für die Crypto-Asset Service Provider eine tiefgreifende Änderung dar. Private Anleger müssen zukünftig davon ausgehen, dass ihre Transaktionen, die über regulierte Börsen oder Dienstleister laufen, automatisch an ihr heimisches Finanzamt gemeldet werden. Dies erfordert eine viel präzisere Dokumentation der Kauf- und Verkaufsdaten. Für Anleger, die bisher auf die Lücken im internationalen Informationsaustausch vertraut haben, bedeutet dies das Ende der Anonymität und eine Aufforderung zur Selbstkorrektur ihrer bisherigen Steuererklärungen.

Für die Dienstleister, die sogenannten CASPs, sind die Herausforderungen im Bereich der Compliance besonders groß. Sie müssen ihre bestehenden KYC-Systeme anpassen, um die steuerliche Ansässigkeit aller Kunden zuverlässig zu ermitteln. Darüber hinaus müssen sie komplexe IT-Systeme implementieren, die in der Lage sind, alle meldepflichtigen Transaktionen präzise zu verfolgen und die geforderten Berichtsformate zu erstellen. Die Datenmenge, die verarbeitet und sicher übermittelt werden muss, ist immens. Eine Umfrage unter großen Krypto-Dienstleistern ergab, dass die Compliance-Kosten für die Umsetzung neuer Berichtsstandards im Jahr 2026 voraussichtlich um durchschnittlich 12 Prozent steigen werden, was auf den enormen Implementierungsaufwand hindeutet.
Zeitplan und globale Umsetzung: Die Rolle Deutschlands und der EU (DAC8)
Der von der OECD anvisierte Zeitplan sieht vor, dass die ersten Informationen basierend auf dem CARF-Standard ab dem Jahr 2027 ausgetauscht werden sollen. Dies bedeutet, dass die Dienstleister die Daten für das gesamte Berichtsjahr 2026 erfassen und melden müssen. Die konkrete Umsetzung erfolgt über nationale Gesetzgebung und die parallele EU-Richtlinie DAC8 (Directive on Administrative Cooperation). DAC8 zielt darauf ab, die OECD-Vorgaben in bindendes EU-Recht umzusetzen, was die Anwendung des Standards innerhalb aller Mitgliedstaaten gewährleistet. Die EU-Staaten, einschließlich Deutschland, müssen die Richtlinie DAC8 bis Ende 2025 in nationales Recht überführen.
Deutschland spielt eine wichtige Rolle bei der Umsetzung, da das Land traditionell ein Befürworter von internationaler Steuertransparenz ist. Die Integration von DAC8 in das deutsche Steuerrecht wird Krypto-Dienstleister, die in Deutschland tätig sind, verpflichten, die strengen Meldeanforderungen fristgerecht zu erfüllen. Dies schafft Rechtssicherheit für die Finanzämter und fordert die Anleger auf, ihre Steuerpflichten proaktiv zu erfüllen. Der globale Erfolg von CARF hängt jedoch davon ab, dass auch große Krypto-Zentren außerhalb der OECD-Staaten, wie beispielsweise in Asien und dem Nahen Osten, den Standard übernehmen. Die G20-Staaten setzen sich aktiv dafür ein, die globale Reichweite von CARF zu maximieren.

Die Zeitleiste für die Umsetzung und erste Anwendung von CARF in der EU:
- Ende 2025: Frist für EU-Mitgliedstaaten (inkl. Deutschland) zur Umsetzung der DAC8-Richtlinie in nationales Recht.
- 1. Januar 2026: Voraussichtlicher Beginn der Datenerfassung durch Krypto-Dienstleister gemäß DAC8/CARF.
- 2027: Erster automatischer Informationsaustausch von Krypto-Daten des Berichtsjahres 2026 zwischen den teilnehmenden Jurisdiktionen.
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